Volltext: Kriegschronik der Wiener akadem. Burschenschaft "Libertas" umfassend das 110. und 111. Semester. (Winter=Semester 1914/15 u. Sommer=Semester 1915.)

48 
Klenak die Mitteilung, daß ein neuer Cholerafall in Schabatz eingelangt sei. Zur 
Konstatierung dieses Falles ist mein Mann nochmals nach dort zurück, und fand 
dort bei zufälliger Besichtigung des Roten Kreuz-Epidemiespitales, das zurück 
gelassen worden, eine Anzahl Dysentrie-Typhuskranke von dem Pflegepersonal 
verlassen, in großer Aufregung, hungernd, vor. Run entschloß sich mein Mann, 
sämtliche Kranke noch aus Feindeshand zu retten. — Er hat nun, der Gefahr 
der serbischen Gefangenschaft trotzend, beim Rückzug aus Schabatz 150 Typhus- 
Dysentriekranke auf selbstbeschafften Leiterwägen durch die von unseren Truppen 
völlig entblößte Macwa hindurch nach Mitrowitza transportiert und unterwegs 
mit Hilfe bloß zweier Arzte und vier geistlicher Schwestern verpflegt." 
Knapp vor der Drucklegung dieses Berichtes lief folgender 
Brief vom 27. August ein: 
„Lieber Skis! Gestern und vorgestern erhielt ich je eine Deiner mit großer 
Freude begrüßten Berichte über unsere im Felde stehenden Bb. Somit haben 
Deine lieben Sendungen doch endlich vom Feldpostamt 81, zu welchem ich früher 
gehörte, nach meiner jetzigen Feldpostnummer 300 gesunden. 
Ich danke Dir vielmals für den leider viel schmerzliche Nachrichten ent 
haltenden Bericht und teile Dir aus Deine diesbezügliche Anfrage in kurzen 
Umrissen das Wichtigste über meine Tätigkeit als Bakteriologe und Epidemiologe 
mit: Das große mobile Epidemielaboratorium Nr. 3, dessen Mitglieder seit Jän 
ner d. I. nur mehr Dozent Dr. Erdheim und ich sind, begann seine Tätigkeit 
Anfang Oktober 1914 in Brzko (Bosnien), übersiedelte Mitte Oktober nach Bje- 
lina, kam von dort Ende November nach Sabni (Serbien) und mußte sodann bei 
dem scheußlichen allgemeinen Rückzüge, bei welcher Gelegenheit ich mir, wie 
Dir ja Hansi bereits berichtete, meine Auszeichnung zuzog, nach einem kurzen, 
versuchsweisen Abstecher über Semlin auch von dort weg, um schließlich sich 
in Ujvidek festzusetzen, woselbst wir nun seit Mitte Dezember arbeiten. 
Unsere Aufgabe ist vor allem die möglichst rasche Feststellung aller epidemi 
schen Krankheiten, die genaueste bakteriologische Untersuchung der gesamten Um 
gebung Erkrankter, wozu wir naturgemäß uns auch an den Erkrankungsort 
begeben, die Ermittlung der Infektionsquellen und Ausschaltung derselben, die 
Untersuchung der Rekonvaleszenten vor ihrem Abgänge zur Truppe oder in das 
Hinterland auf ihre Ungefährlichkeit als Krankheitsüberträger, die beratende Vor 
sorge für die Schutzimpfung der Truppen, die Jmpsstoffbereitung zur spezifischen 
Behandlung der Erkrankten, die wir derzeit mit sehr gutem Erfolge derart durch 
führen, daß wir den aus dem Blute, bezw. aus sonstigen Exbreten der Erkrank 
ten reingezüchteten Erreger entgiften und abtöten und nun durch Einspritzung des 
körpereigenen Erregers beim Kranken die Bildung von Abwehrstoffen unb damit 
auch die Heilung in besonderem Maße anregen. Daß wir bei dem von uns ge 
übten, möglichst raschen Betriebe ziemlich viel zu tun haben, und täglich von früh 
morgens bis abends, bezw. bis spät in die Nacht hinein zu tun haben, kannst 
Du vielleicht daraus ersehen, daß wir in den letzten acht Monaten über 21.000 
bakteriologische Untersuchungen durchgeführt haben. Außerdem obliegt uns noch 
die Feststellung der Todesursache bei plötzlich, bezw. bei unter verdächtigen 
Krankheitserscheinungen Verstorbenen. Unsere Stellung ist eine sehr angenehme, 
da wir unmittelbar dem Sanitätschef des Armee-Etappen-Kommandos unterstehen. 
Unser Arbeitsbereich umfaßt einerseits Syrmien, andererseits die ungarische 
Donauebene von Semlin bis Szabadka.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.