Volltext: Das Exlibris

Das Exlibris 
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Schmuck, mit ganz bildmäßigen Darstellungen, 
Szenen und Allegorien. Es beginnt dann die 
Dekoration des Rokoko, das, von Frankreich 
ausgehend, in Franken, Altbayern, in München 
und Amgebung und in den süddeutschen Klöstern 
besondere Pflege fand und, wie nicht anders 
zu erwarten, auch auf den Exlibris dieser 
Periode seinen Ausdruck fand. 
Die Schwächen wohl, aber auch alle Schön¬ 
heiten dieses flotten und leichten Stiles mit 
seinen geschweiften und wellenförmigen Linien, 
mit seinem nmschelartigen Zierwerk und un¬ 
regelmäßigen Rahmenbau zeigen sich auf den 
Exlibris des 18. Jahrhunderts und machen diese 
nach den ernsten bezopften Blättern des Barock 
zu nicht selten überaus netten und liebens¬ 
würdigen Kunstblättchen, die zwar nicht immer 
von großen Künstlern stammen, aber doch recht 
guten, eleganten Eindruck machen. Wirklich 
hervorragende Kleinmeister, wie sie in größerer 
Fahl das 16. Jahrhundert und gerade in Nürn¬ 
berg vereinigte, zeigen sich im 17. und 18. Jahr¬ 
hundert kaum, was wohl auch eine Folge des 
30jährigen Krieges ist. Dafür ist aber die Zahl 
der berufsmäßigen Kupferstecher erheblich ge¬ 
wachsen, und auch stechende Kunstliebhaber 
begannen zahlreich zu werden. 
So sank die verminderte künstlerische Vorherr¬ 
schaft Nürnbergs, die uns die herrlichen Exlibris 
Dürers und der Nürnberger Kleinmeister 
bescherte, dahin, und die Kupferstecherkunst 
verlegte ihr Schaffen an viele Orte Süddeutsch¬ 
lands und Österreichs. Es tritt auf in Augsburg 
und München, Regensburg, Würzburg, Frank¬ 
furt, Mainz, in Prag und in Wien, im Norden 
in Leipzig, Breslau und Berlin. 
In München sehen wir die Stecher Johann 
Nepomuk Maag, Franz Raver Jungwirth und 
Johann Michael Soeckler an der Arbeit; der 
letztgenannte hat 1779 eines der verschiedenen 
Exlibris der kurfürstlichen Bibliothek nach einer 
Zeichnung Christian Winks in drei Größen 
ge.stochen, schwer und steif, dessen schildhaltende 
Löwen ziemlich verunglückt ausschauen, ein 
Schicksal, das sie allerdings mit vielen der 
schlechten Heraldik des zu Ende gehenden 
18. Jahrhunderts teilen. Vorher schon hat auch 
der Hofkupferstecher Joseph Anton Zimmer- 
mann von Augsburg ein Exlibris für die gleiche 
Bibliothek gestochen, das jedoch dem von 
Sadeler nachgeahmt ist, ohne dessen Feinheit 
zu erreichen. 
Die Darstellung auf den Exlibris wird nun 
vielseitiger; außer dem heraldischen und ge¬ 
legentlich allegorischen Schmuck ist alles mögliche 
beliebt: christliche Heilige und heidnische Götter, 
Engel und Putten, Musen und Genien, Tiere 
und Blumen, Waffen und Trophäen, Bücher 
und Musikinstrumente, Attribute der Religion, 
der Künste und Wissenschaften, des Handels 
und der Gewerbe, Landschaften und Haus¬ 
ansichten; mit Vorliebe wählte man Bibliothek¬ 
ansichten, große Räume darstellend mit weiten 
Durchsichten und gewaltigen Bücherreihen, 
die wir sowohl auf Kloster- wie privaten Ex¬ 
libris sehen. In dieser Feit des 18. Jahr¬ 
hunderts wurde auch die Visitenkarte, die 
damals künstlerischer Ausführung wert erachtet 
wurde, mehrfach als Exlibris in die Bücher 
geklebt, wodurch manch schönes und eigenartiges 
Blatt erhalten blieb, das sonst zugrunde ge¬ 
gangen und vergessen worden wäre. So ist 
das Exlibris des rührigen Vorkämpfers gegen 
Hexenwahn und Aberglauben, des streitbaren 
und gelehrten Theatinerpaters Don Ferdinand 
Sterzinger in München, gestochen von Johann 
Esaias Nilson in Augsburg, als seine Visiten¬ 
karte nachgewiesen. 
Mit dem Rokoko war auch die Blüte des Ex¬ 
libris und damit seine zweite Periode vorüber. 
Sein künstlerischer Wert sinkt bedeutend, Flach¬ 
heiten und nüchterne, steife Formen treten wie 
in der Heraldik so auch im übrigen Schmuck auf. 
Das Empire des 19. Jahrhunderts und sein 
Ausgehen in die Biedermeierzeit samt der 
folgenden Zeit des Neugriechischen hat auf 
dem Gebiet des Bibliothekzeichens nichts Be¬ 
sonderes geschaffen. Auch die Zahl der Exlibris 
ging beträchtlich zurück. Es waren ja auch die 
unruhigen Zeiten der Revolutionskriege und 
der folgenden kriegerischen und politischen 
Wirren nicht kunstfördernd. Es gab zwar immer¬ 
noch Bücherfreunde, die sich Exlibris machen * 
ließen, im allgemeinen blieben sie wenig 
beachtet. Manche begnügten sich damit, Oblaten¬ 
siegel auf Vorsah- oder Titelblätter ihrer Bücher 
mit Petschaft oder Siegelring zu drucken und 
solcherweise die Eigentumsbezeichnung vor¬ 
zunehmen. 
Die Zeit der Vernachlässigung, fast könnte 
man sagen, der Verwahrlosung des Exlibris, 
hatte begonnen und hielt bis zu den 70er Jahren 
an. Gänzlich erlosch zwar die Exlibrissitte 
niemals, und aus der Zeit von 1800—1870 
dürften immerhin einige hundert, allerdings 
unbedeutende Blätter stammen. Eine Aus¬ 
nahme bildet das hübsche Blatt des Friedrich 
Wolf, Bürger zu München, das in Anlehnung 
an gute Vorbilder von diesem selbst um 1860 
lithographiert worden ist. 
Es wurde zwar von dem Verleger Heinrich 
Lemperh seu. von Köln in seinen 1853—1865 
erschienenen „Bilderheften zur Geschichte des 
Buchhandels" in verdienstvoller Weise auch das 
Exlibris in den Bereich seiner Veröffent¬ 
lichungen gezogen und dafür geworben, wenn 
auch vorerst ohne sonderlichen Erfolg. Erst 
später, als vom Ausland her Nachrichten über 
das Exlibris und das hiefür erwachte Sammeln 
kamen, regte sich auch in Deutschland wieder 
das Interesse hiefür, und eine neue Periode 
hub an. 
Die Exlibrissitte war, was ja natürlich 
erscheint, nicht auf ihr Vaterland beschränkt 
geblieben. Von Deutschland aus verbreitete 
sie sich über Österreich, die Schweiz, Italien, 
Frankreich, Spanien, England, Holland, 
Schweden und selbst Rußland, sie bürgerte sich 
in Amerika ein und hat heute die gesamte 
Kulturwelt erobert. In allen Ländern fanden 
sich Bücher- und Kunstfreunde aller Stände, 
welche die schöne und gehaltvolle Exlibrissitte 
pflegten. Als man in England und Frankreich 
um die Mitte des' 19. Jahrhunderts die Exlibris
	        
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