Volltext: Briefe und Tagebuchblätter

ich schreiben? Ihr müßt mich jetzt eine Zeitlang lieb haben, wenn 
auch der Schein gegen mich spricht. 
Ich bleibe Deine Schwester Paula. 
Paris, den 12. August 1906. 
Ach, liebe Schwester, quäle doch nicht Dich und mich. Ich komme 
ja zu'Dir, ich weiß nur nicht, wann, übrigens hat Hans mich ja 
so quasi moralisch verpflichtet, zu kommen, indem er mir das Reise¬ 
geld schickte. 
Die Hitze ist jetzt vorbei. Und wenn sie auch noch wäre, was sorgst 
Du Dich um das bißchen Hitze. Du mußt nicht ungeduldig sein in 
Deiner Liebe. Laß den Dingen Zeit, das wächst sich schon alles von 
selber zurecht. 
„Nach Kraft ringen." Das klingt alles so dramatisch. Man tut 
eben, was man kann und legt sich dann schlafen. Und auf diese 
Weise geschieht es, daß man eines Tages etwas geleistet hat. 
Schuld oder Nichtschuld. Man ist eben so gut oder so schlecht wie 
man ist. Das Herumdoktern an sich hat wenig Zweck. Man gehe 
gerade und einfach seinen Weg. Ich halte mich für gut von Natur 
und sollte ich dann und wann etwas Schlechtes tun, so ist das auch 
natürlich. 
Vielleicht klingen Dir diese Worte hart oder eingebildet. Der eine 
denkt eben so, der andere so. Die Hauptsache ist, daß-jeder einheit¬ 
lich denkt mit seinem ganzen Organismus. 
Wenn man einmal erkannt hat, daß an einem Menschen etwas 
„dran" ist, wie Ihr es von mir wißt, dann muß man ihn in solch 
einer Lage, wie ich jetzt bin, ruhig gewähren lassen, auf ihn ver¬ 
trauen. 
Du kannst mir also schreiben, wenn Dein Fremdenzimmerchen 
leer ist, sonst komme ich auch, wenn T. da ist, und kampiere auf 
dem Sofa. 
Ich male im Augenblick Frau Hoetgers Porträt. In ein paar 
Tagen wird sie mir nicht mehr sitzen können. Vielleicht komme ich 
bald. 
Ich grüße Dich und Deinen lieben Hans. 
Deine Schwester Paula. 
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