Volltext: Briefe und Tagebuchblätter

es kommt so viel Moorluft und Birkenschönheit und Allgewalt der 
Natur. Ja, Otto, wenn wir erst unserer kleinen Moorhütte zupil¬ 
gern, und wenn wir erst tausend andere Dinge tun können, das 
wird wunderbar. 
Also Clara Westhoff. Wir haben schon sehr viel voneinander ge¬ 
habt, gestern eine Feierstunde bei Böcklin. Unser Ball war weniger. 
Die Frauenemanzipation ist doch in diesem Rottenauftreten sehr 
unschön und unerfreulich. 
Ein stiller Abend in Schmargendorf bei Rilke. Und jetzt gehen 
wir gleich zum Museum. Es ist noch vor dem Morgenkaffee. Ich 
hatte nur das Gefühl, ich wäre sehr lange nicht bei Dir gewesen. 
So nehme ich Dich in aller Liebe in meine Arme und streiche ganz 
sacht über Dein weiches Haar. 
Dein treues Weib. 
Lieber, Berlin, den 3. Februar 1901. 
ich bin noch voll von der Verkündigung des Engels: „Du aber 
bist der Baum", die Rilke vorlas. Und das wird an uns beiden ge¬ 
schehen, Lieber, und ich falte still die Hände. Ich kann nur immer 
still sein und dann ist es mir, als ob der Atem auch spärlich käme, 
und dann kommen nur wenig Worte zutage. Die kommen aber 
auch aus der alleruntersten Tiefe von mir und die müssen Dir er¬ 
zählen von Dingen, die sie gesehen haben. Und das sind dann meine 
Liebesbriefe. Ich weiß nicht, ob ich Dir gesagt habe, was ich Dir 
sagen wollte. Ich bin auch müde, weißt Du. 
Hast Du Dein Kränzlein zum Sonntag erhalten? Wo hängt es? 
Ich küsse Dich und segne Dich und schreibe Dir morgen einen 
Brief, Du. 
Berlin, den 4. Februar 1901. 
Schreibe ich Dir immer nur von lauter Malen und von nichts 
anderem? Steht nicht Liebe in den Zeilen und zwischen den Zeilen, 
leuchtend und glühend und still minnig, so wie ein Weib lieben soll 
und wie Dein Weib Dich liebt? 
Lieber, ich kann mein Letztes nicht sagen. Es bleibt scheu in mir 
und fürchtet das Tageslicht. Dann kommt es im Dämmern oder in 
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