Volltext: 70 Jahre Kuranstalt Bad Hall

mußten die Zimmer wohl „vermacht" und vor den Strahlen 
des Mondes bewahrt werden. 
Müllacken war auch für die Alt-Linzer ein beliebtes und 
gern besuchtes Bad. Um 1830 war Johann Obermayr Traiteur 
und Bademeister in Müllacken, der alljährlich durch die Zeitung 
zum Besuche des Bades einlud. Sein Linzer Agent war der 
jeweilige Hausmeister im Wilheringer Hause, der die Be¬ 
stellungen entgegennahm. Das Bad erfreute sich zweifellos 
großer Beliebtheit. Sein Name wurde z. B. auch aus die 
Linzer Bühne gebracht, indem der bekannte Kapellmeister und 
Komponist Reiter 1812 eine für oberösterreichische Verhält¬ 
nisse umgearbeitete Oper als „Melychora, die Wassernixe von 
Mühllaken" auf dem Linzer Theater ln Szene setzte und damit 
einen großen Erfolg errang, was dafür spricht, daß das Bad 
den Linzern damals gut bekannt war. Zweifellos ist Mül¬ 
lacken eines der am längsten zweckmäßig betriebenen Bäder 
Oberösterreichs und die „Fontigraphia" und manche andere 
Schrift über dieses uralte Bad sind recht ergötzliche Dokumente 
über die ersten Anfänge unseres Badelebens. Der Wanderer, 
der heute nach Müllacken pilgert, der Sommerfrischler, der 
dort in der köstlichen Einsamkeit herrliche Tage verbringt, denkt 
vielleicht nicht daran, daß schon vor Hunderten von Jahren 
Bad Müllacken einen weiten Ruf besaß. 
Kirchschlag. 
Auch Kirchschlag ist ein altes Bad in nächster Nähe von 
Linz. Bald nach 1700 hatte sich ein gewisser Georg Friedrich 
Kimmerer an der Stätte des Bades Kirchschlag ein Bretter- 
hüttel gebaut, sich in dem überaus kalten Wasser gebadet und 
sich so trotz seiner Krankheiten und Beschwerden bis ins hohe 
Alter erhalten. Seine Beschwerden fanden Linderung und 
Hilfe. Es wurden darum auch bald mehrere Hütten dort er¬ 
richtet und nach zahlreichen Heilnngserfolgeu durch Grafen 
Gundomar v. Starhemberg, zu dessen Herrschaft Wildberg- 
Kirchschlag gehörte, ein größeres, zulängliches Gebäude auf¬ 
geführt; es kamen dann alljährlich eine große Menschenmenge 
zur Kur von den nächsten und den entlegensten Orten und 
fanden Hilfe. Es wurde aber von dem Bade wenig Aufhebens 
gemacht, bis Heinrich v. Starhemberg beschloß, „nach dem 
Exempel anderer guter Bäder auch dieses sein ober dem Schloß 
Wildberg, nemlichen zu Kirchschlag, als auf dem allerhöchsten 
Berg in Oberösterreich entspringendes und aus der äußersten 
Tiefe der Erde hervorquellendes Heil-Baad einer Welt durch 
den Druck auch bekannt zu machen". 
Der Arzt der Starhembergschen Familie Dr. Johann 
G. Mayer verfaßte denn auch eine längere Schrift über Kirch¬ 
schlag, die 1753 bei Auinger in Linz gedruckt wurde. Es hieß 
darin, daß wenig Menschen, die sich des Kirchschläger Bades 
regelmäßig und vorschriftgemäß bedienen, ohne Nutzen und 
Hüls davon gehen. „Es reisen dahin alljährlich viel hundert 
fremde Menschen auch von denen entlegenisten Orten und alle 
bedienen sich dessen mit großem Nutzen. Der Berg in sich 
selbsten ist so hoch, daß man weit und breit fast alle anderen 
Berge übersehen und aussehen kann. . . . Fieberhafste, 
sonderlich die das viertägige Fieber haben und hier in 
Lintz die Cur gar zu langsam hergegangen, weilen dieses nahe 
an dem Wasser anliget und das Wasser, sonderbar das flüs- 
sende, ein Feind allen Fieberhafften ist, als habe einige 
dahin abgeschicket, seynd auch daselbst mehrer von frischem 
gesundem Lufft gesund worden als vom Gebrauch der auch 
der allerbesten Medicinen... Die Lage des Bades ist zwar 
aus dem vorigen schon etwas zu entnehmen, und zwar daß 
es auf dem höchsten Berg liegt, um und um seynd die Wal¬ 
dungen, sonderbar ist dabey remarquabel der sogenannte 
Schauer-Wald, wo vor Zeiten gleichsam eine Peltz-Schule vom 
Wildbrett gewesen... Was nun das Wundersamste ist: daß 
auf dem so zu sagen Spitz des Berges, so auch in dem Schauer¬ 
wald hin und wieder aus der Tieffe hervorquillendes Wasser 
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sich zeiget, welches nicht anders als aus denen allertieffsten 
und felsig.en Hölen und Erdgängen in die Höhe getrieben wird, 
dahero auch das Wasser so rein ist, als die schönsten Crystallenseyn; 
und weilen dieser Quell denen Leuten so gar wunderbar und 
schön in das Gesicht gefallen, als haben sich dann und wann 
alte müde schwache Leute, die auf ihren Wegen und Stegen 
gewesen, da aufgehalten, ausgerastet, sich bei diesem Brunnen 
in ihrer Schwachheit gelabt, die matte und erstarete Glieder 
gewaschen und sonderbar dererselben Glieder Stärkung ge¬ 
funden; endlichen und da sie an Füßen solche Würckung ver- 
spühret, so haben auch einige, die Schwachheiten und gewisse 
Blödigkeit am Kopfe empfunden, sich auch die Köpfe damit 
gewaschen nnd Besserungen verspühret; mithin ist der Quell 
so nach und nach in Ruf gekommen . . ." Durch Kimmerer 
wurde dann, wie erwähnt, die erste Badehütte erbaut. 
Im Vormärz war das Bad Kirchschlag bei den Linzern 
anscheinend recht beliebt. Es stand auch in regen Beziehungen 
zur Stadt, wurde häufig von Stadtwirten betrieben, so zum 
Beispiel von dem betriebsamen Alt-Linzer Wirt Petermayr. 
1832 kündigt der damalige Inhaber des Bades Josef Hummer 
an, daß er einen ständigen Fahrdienst zwischen Linz und 
Kirchschlag habe. Die Kurgäste hatten ihre Pakete und Koffer 
beim Wirt Auinger in Urfahr abzugeben, wo der Unternehmer 
öfters in der Woche einkehrte und die Fracht mitnahm. An 
Donnerstagen und Samstagen konnten auch drei oder vier 
Personen auf seinem Wagen mit nach Kirchschlag fahren, wenn 
sie bis längstens 4 Uhr nachmittags gerüstet waren. 'Damit 
im Bade niemand übervorteilt werden könne, lag in jedem 
Zimmer ein „gedruckter Tarifs" auf, der alle Preise enthielt, 
so daß sich die Gäste ihre tägliche Rechnung selber machen 
konnten. 
Als dann später die übrigen oberösterreichischen Kurorte 
blühenden Aufschwung nahmen, dachte man daran, auch Kirch¬ 
schlag durch Erbauung moderner Badeanlagen (Badehaus, 
Hotel usw.) zu einem großen Badeort auszugestalten. 
Kirchschlags berühmtester Kurgast zu dieser Zeit und 
wohl überhaupt war Adalbert Stifter, der hier von seinem 
schweren Seelenleiden, von dem Gram und der Bitternis, 
die sich in ihm gesammelt und ihn auch körperlich krank gemacht 
hatten, Genesung suchte. Er weilte in den sechziger Jahren 
wiederholt in Kirchschlag. Einsam und mit sich allein. Die Zeit 
wurde ihm oft lange. So schreibt er im Frühjahr 1866 an 
seine Gattin nach Linz: „Freilich muß ich mir allerlei und 
mitunter närrisches Zeug vormachen, um es hier noch aus¬ 
halten zu können ... Ich will ein Mann sein und aushalten, 
was ich mir vorgenommen habe, und sollten mich tausend 
Gefühle so groß wie Elefanten hinabziehen. Ist aber der Kar¬ 
samstag da, dann sollen mich aber auch zehntausend Elefanten 
nicht hier halten 'können. Ich fahre hinab, selbst wenn Mühl¬ 
steine vom Himmel fielen." Und er spricht seiner Gattin be¬ 
freiende Worte, daß er nach langem Siechtum auf dem Berge 
die Gesundheit und Lebensfreude wiedergewonnen habe und 
daß nun ein heiteres Leben für sie beginnen würde. Gesund 
geworden, strebte er wieder sehnsuchtsvoll ins Tal. Aber es 
kam zu keiner dauernden Genesung. So hoffnungsfroh er 
seiner Gattin noch im Frühjahr 1866 von Kirchschlag aus ge¬ 
schrieben hatte, kaum zwei Jahre später war Stifter tot. 
So knüpft Geschichte und Sage manche Erinnerung an 
Kirchschlag, das mit seinen weißen Häusern weit in das Tal 
hinaus grüßt, und dem heute noch viele frohe Wanderer 
entgegeneilen, um sich hier in der Ruhe und Stille der Berge 
zu kräftigen, fernab vom Lärm der Stadt. 
Eigentümer, Herausgeber und Verleger: Der kath. Preßverein der 
Diözese Linz. — Verantw. Redakteur: I. Danzer. — Drucker: 
Mad. Buchdruckerei des kath. Preßvereines (verantw. Leiter: Karl 
Commenda). Sämtliche in Linz, Landstraße Nr. 41.
	        
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