Stand der Reichsfinanzen Zuli 1914.
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Reiches ergaben im Jahre 1913 140,9 Millionen MarkP Trotz der ge
steigerten Ausgaben für die Wehrmacht — insgesamt 2,16 Milliarden
Mark — schloß auch das Rechnungsjahr 1913 mit einem Überschuß des
Reichshaushaltes von rund 75 Millionen Mark ab.
So waren die für die finanzielle Kriegsbereitschaft verantwortlichen
Stellen im letzten Jahrzehnt unablässig und erfolgreich bemüht gewesen, das
wichtigste Ziel der finanziellen Rüstung, die Erstarkung der Reichs- und
Staatsfinanzen sowie der Finanzkraft der gesamten deutschen Wirtschaft,
zu erreichen. Die Schaffung einer gesunden und starken Finanzbasis bildete
die wirksamste finanzielle Kriegsrüstung.
Das Reich am Vorabend des Weltkrieges.
Die Ereignisse im Juli 1914 und die zunehmende außenpolitische
Spannung ließen die Aussicht auf Erhaltung des Friedens immer mehr
schwinden; trotzdem wurde von der Reichsleitung keine der im Gang be
findlichen finanziellen Maßnahmen beschleunigt. Erst am 27. Juli er
stattete Reichskanzler v. Bethmann Hollweg einen Thronbericht"), der die
vorbereiteten Gesetzesentwürfe und Verordnungen zur Vorlage beim Kaiser
brachte. Damit trat die finanzielle Mobilmachung aus dem Rahmen der
theoretischen Erwägungen in den Bereich der Politik. Mit dem Ausspruch
der drohenden Kriegsgefahr am 31. Juli wurde das Stichwort „Finanz
bereitschaft" ausgegeben. Daraufhin stellten alle öffentlichen Kaffen, ins
besondere die Reichsbank und ihre Zweigstellen, jede Zahlung in Gold
ein. Diese einschneidende Maßnahme wurde von den Finanzverwaltungen
angesichts des Ernstes der Lage vorbehaltlich späterer gesetzlicher Ermäch
tigung durch die gesetzgebenden Körperschaften getroffen.
Der Krieg schien nach allgemeiner Auffaffung unabwendbar. Die
Börsen des In- und Auslandes wurden — vom 25. Juli ab — mit Ver
kaufsaufträgen überschüttet, die Geldinstitute von allen Seiten mit Kredit
anträgen und Wechseleinreichungen bestürmt, von den Banken und Spar
kassen wurden Guthaben und Einlagen unverzüglich zurückgefordert. Vor-
] ) Überschüsse aus den Betriebsverwaltungen des Reiches 1913:
Post- und Telegraphen (einschließlich Ausgleichs
beträge von Bayern und Württemberg) . . 105,2 Millionen Mark,
Reichseisenbahnen (Elsaß-Lothringen) .... 30,5
Reichsdruckerei 5,2
2 ) Anlage Nr. 100.
140,9 Millionen Mark.