Beschaffung von landwirtschaftlichen Arbeitern.
409
1) S. 402.
dagegen geäußert, eine so große Menge meist slawischer Arbeiter in Kriegs
zeiten im eigenen Lande zu haben. Demgegenüber wurde von anderer Seite
darauf hingewiesen, daß es unsere Interessen schwer gefährden müßte, wenn
wir durch Ausweisung einer so erheblichen Zahl russischer wehrpflichtiger
Untertanen in ihre Heimat unseren Gegnern die Mobilisierung der gegen
uns bestimmten Truppenkörper in so erheblichem Maße erleichtern würden."
Um für alle Fälle gegenüber dem Ausfall einer so bedeutenden Arbeiter
menge aus dem In- und Auslande gerüstet zu sein, war eine Reihe von
Maßnahmen erwogen worden. Der wichtigste und häufigste Vorschlag
war, ländliche Arbeitsnachweise einzurichten, die in Verbindung mit den
städtischen Arbeitsnachweisen industrielle Arbeiter der Landwirtschaft
zuführen konnten^). Das Preußische Landes-Ökonomiekollegium empfahl,
die staatlichen Arbeiter für landwirtschaftliche Tätigkeit bereitzustellen,
die Beschäftigung ausländischer Arbeiter in der Industrie einzuschränken,
etwaige Kriegsgefangene der Landwirtschaft zur Verfügung zu stellen
und die ländlichen Schulkinder weitgehend vom Unterricht zu befreien.
Diese Vorschläge hielt das Reichsamt des Innern der Prüfung für wert.
Insbesondere schienen ihm die Arbeitsnachweise eine wichtige Aufgabe
übernehmen zu können. Dem Gedanken ihrer Einrichtung stand das
Reichsamt des Innern um so bereitwilliger gegenüber, als sie zu den im
Mobilmachungsfalle leicht zu lösenden Aufgaben gehörte, die sich mit Hilfe
von Verwaltungsmaßnahmen durchführen ließen. Cs glaubte nur vorher
prüfen zu müssen, ob die vorhandenen ländlichen Arbeitsnachweise auch im
Mobilmachungsfalle ausreichten, und in welcher Weise sie etwa durch
besonders zu errichtende Nebenstellen in den Städten ergänzt werden könnten.
Zur Erleichterung der Heranführung der Arbeitskräfte zog das Reichsamt
des Innern in Erwägung, eine Vorschrift auszuarbeiten, die namentlich
über die Beförderung der Arbeitswilligen zur Dienststelle und zurück,
über die Lohnzahlung, Unterkunft und Behandlung Bestimmungen ent
hielte, desgleichen auch die Verwendung von Schülern der Volksschulen
regelte. Man hielt es für möglich, an die bestehenden neuen Jugendorgani
sationen (Pfadfinder, Wandervögel) anzuknüpfen.
Alle diese Vorschläge wurden in der Sitzung der ständigen Kommission
am 13. März 1914 eingehend besprochen. Sie fanden allgemeine Zu
stimmung. Insbesondere unterstützte die Kommission die Forderung nach
Zurückhaltung der ausländischen Wanderarbeiter, nachdem der Vertreter
des Landwirtschaftsministeriums erklärt hatte, daß man wohl die öster
reichisch-ungarischen Heeresdienstpflichtigen hinauslassen müfie, hingegen ver