Volltext: Die militärische, wirtschaftliche und finanzielle Rüstung Deutschlands von der Reichsgründung bis zum Ausbruch des Weltkrieges (Erster Band)

Verlängerung der deutschen Wehrpflicht durch Gesetz vom 11. Februar 1888. 19 
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Hm den zahlenmäßigen Vorsprung in der Kriegsstärke der beiden 
Nachbarländer einigermaßen ausgleichen zu können, nahm die Deutsche 
Regierung eine zeitliche Erweiterung des Wehrpflichtsystems in 
Aussicht. Die im Dezember 1887 im Reichstage eingebrachte Gesetzesvor- 
lage sah unter Beibehalt der dreijährigen aktiven und vierjährigen Reserve 
dienstzeit im stehenden Heere einmal eine Verlängerung der Dienstzeit in 
der Landwehr und gleichzeitig nach ftüherem preußischen Muster die 
Teilung in zwei Aufgebote vor. Das erste Aufgebot umfaßte mit fünf 
jähriger Dienstzeit die bisher Landwehrpflichtigen, die im Anschluß daran 
— ebenso wie die aus der Crsatzreserve ausscheidenden Ausgebildeten — 
bis zu ihrem vollendeten 39. Lebensjahre dem neuen zweiten Aufgebot an 
zugehören hatten^). Weiterhin wurde die Beseitigung der Zweiteilung der 
Crsatzreserve, der wie bisher Mindertaugliche, überzählige und Dienst 
befreite zu überweisen waren, in Aussicht genommen und die Dienstpflicht 
in ihr einheitlich auf zwölf Jahre festgesetzt. Schließlich wollte man die 
Dienstpflicht des Landsturms, ebenfalls unter Teilung desselben in zwei 
Aufgebote, um drei Jahre verlängern; das erste Aufgebot sollte die durch 
weg unausgebildeten Iahresklassen bis zum vollendeten 39. Lebensjahre, 
das zweite Aufgebot die anschließenden Iahresklassen mit Einschluß der 
aus der Landwehr II übertretenden Ausgebildeten bis zum vollendeten 
45. Lebensjahre umfassen. Die Bestimmungen des Landsturmgesehes') 
über die Heranziehung des Landsturms zum Kriegsdienst wurde dahin er 
weitert, daß er „in Fällen außerordentlichen Bedarfs zur Ergänzung des 
Heeres" herangezogen werden konnte. 
Der Reichstag stimmte der Verstärkung der Kriegsmacht zu und nahm 
nach der eindrucksvollen Rede des Reichskanzlers am 6. Februar 1888 das 
neue Wehrpflichtgesetz ohne weitere Abstimmung an. Mit aller Entschieden 
heit hatte sich Fürst Bismarck auch in dieser Rede wieder als scharfer 
Gegner eines Präventivkrieges bekannt und jede über die Verteidigung des 
Vaterlandes hinausgehende Verwendung der militärischen Volkskraft ab 
gelehnt. Auch in Zukunft würde die Reichsleitung ihre vornehmste Auf 
gabe in der Erhaltung und Sicherung des Friedens erblicken. Mit großer 
Mehrheit wmden von der Volksvertretung auch die erheblichen Geldmittel 
bewilligt, um die organisatorischen Vorbereitungen sowie die Vermehrun- 
Rach dieser Festsetzung dienten die im ersten Militärpflichtjahr (20. Lebens 
jahr) eingestellten Rekruten 7 + 5 + 7 = 19 Fahre, die im zweiten und dritten Militär 
pflichtjahr eingestellten nur 18 bzw. 17 Jahre. Dadurch ging unter Berücksichtigung 
der Einjahrig-Freiwilligen, die wegen ihrer bürgerlichen Ausbildung im allgemeinen 
noch über das dritte Militärpflichtjahr zurückgestellt wurden, rund ein Jahrgang Aus 
gebildeter in der Landwehr zweiten Aufgebots verloren. — 2 ) S. 5.
	        
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