I. Das Deutsche Heer im Zeitalter Aaiser Wilhelms I.
Hierzu Anlage Nr. 1 bis 8, Anhang S. 357 bis 367, Tabellen 1 bis 4 und Skizze a.
Die Wehrverfassung.
Auf den Schlachtfeldern Frankreichs waren die siegreichen verbündeten
Streitkräfte des neu entstehenden Deutschen Reiches unter Preußens Füh
rung zu unzertrennlicher Lebensgemeinschaft zusammengeschweißt worden.
Der Zusammenschluß der bisher selbständigen Teile zu einem kampf
kräftigen Heere war in seinen Grundzügen bereits während des vierjährigen
Bestehens des Norddeutschen Bundes vorbereitet. Die in ihm vereinigten
Staaten hatten nach dem Vorbilde der preußischen Wehrver
fassung und Organisation in kurzer Zeit eine durchgreifende
Reform ihres Heerwesens vorgenommen; auch in den süddeutschen Staaten
war mit einer ähnlichen Neugestaltung begonnen.
In die Reichsverfasiung vom Jahre 1871 wurden die Bestimmungen
über das Kriegswesen unverändert aus der Verfassung des Norddeutschen
Bundes übernommen^). Sie sehten die allgemeine Wehrpflicht einheitlich
für das ganze Reichsgebiet fest, regelten die Einführung der preußischen
Militärgesetzgebung, die Vefehlsbefugnisse des Kaisers als Vundesfeld-
herr u. a. m. Diese Bestimmungen sicherten durch Unterstellung des
Militärwesens unter die Reichsaufsicht und unter die Gesetzgebung des
Reiches die erforderliche Gleichmäßigkeit der Heeresorganisation. Doch
ging die Reichsverfasiung nicht so weit, etwa ein einheitliches Deutsches
Reichsheer zu schaffen. Vielmehr blieben in ihm die bisher selbständigen
Teile als Kontingente der Bundes st aaten erhalten; die Her
stellung der Einheitlichkeit im einzelnen blieb vertraglichen Vereinbarungen
zwischen Preußen und den übrigen deutschen Staaten vorbehalten. Der
artige Militärkonventionen, die die Eingliederung der Mehr
zahl der einzelstaatlichen Kontingente in das Preußische Heer vorsahen,
dabei aber den Bundesfürsten gewisse Sonderrechte vorbehielten, waren
mit den Staaten des Norddeutschen Bundes schon in den Jahren 1867
und 1868 zustande gekommen; sie wurden nach Gründung des Deutschen
Reiches, zum Teil später erneuert"). Mit Württemberg und Baden waren
Militärkonventionen im November 1870 abgeschlossen worden^). Den Kon-
0 Anlage Nr. 4.
2 ) Nur mit Braunschweig kam eine Konvention erst im Jahre 1886 zustande.
-) Muster einer Militärkonvention Anlage Nr. 1.
Kriegsrüstung und Kriegswirtschaft.
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