Volltext: Kriegsrüstung und Kriegswirtschaft. Anlagen zum ersten Band (1,2)

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Kriegsrüstung und Kriegswirtschaft — Anlage-Band. 
deshalb nicht haltbar, weil eine mit der Einwohnerzahl stetig steigende Präsenzziffer 
die Forderung jener Idee ist. Cs ist überdies nicht anzunehmen, daß ein Reichstag 
mit Erfolg versuchen sollte, an den Truppenstärken wesentliche Abstriche vor 
zunehmen, gewiß nicht, solange die kriegerische Spannung dauert. Wenn auch die 
geringen Zahlen und die Popularität der Marine mitsprechen, so hat diese doch 
den Mangel einer fixierten Kopfstärke noch nicht zu beklagen gehabt. Cs wäre aber 
auch noch fraglich und einer näheren Untersuchung wert, ob nicht eine nach der 
Bevölkerungszahl prozentualisch zu bemesiende Friedenspräsenzstärke, wie sie Art. 60 
der Reichsversaffung anfänglich gewährte, zu erreichen wäre. Nur würde der 
damalige Sah von 1 % für eine weitere Heeresvermehrung kaum mehr ausreichen. 
Nach der letzten Zählung hat Deutschland 49 422 928 Einwohner, während die etats- 
mäßige Kopfstärke des Heeres, Offiziere pp. einbegriffen, 491 217 Mann beträgt, d. i. 
also 1 % x ). 
Sieht man im Aufgeben des Septennats keine Schwierigkeit, so wird weiter 
zu entscheiden sein, wann der neue Plan und die ersten aus ihm entspringenden 
Forderungen vor den Reichstag gebracht werden sollen. Das gegenwärtige 
Septennat läuft am 31. März 1894 ab. Die bezüglichen Debatten können lang und 
schwierig werden, einzelne Vorbereitungen, wie die Vermehrung der Offiziere, der 
Übergang auf eine andere Verteilung der Jahrgänge in der Truppe usw., können 
schon mit dem Ctatsjahr 1893/94 in die Wege geleitet werden, es würde also, wenn 
die neuen Verhältniffe erst mit Ablauf des jetzigen Septennats eintreten sollten, die 
Session 1892/93 der Zeitpunkt sein, an dem das militärisch und finanziell durch 
gearbeitete fertige Projekt dem Reichstag vorzulegen wäre. Daraus würde weiter 
folgen, daß im kommenden Winter die wesentlichsten Arbeiten gefördert werden 
müßten. 
Gehen diese Arbeiten rasch vor sich, was in Bezug auf den finanziellen Teil 
fraglich sein kann, so wäre die Möglichkeit gegeben, die ganze Aktion ein Jahr 
vorzurücken. 
Weiter hierin zu gehen, und noch die bevorstehende Reichstagssitzung in An 
spruch zu nehmen, wird sich einmal durch die Arbeit selbst wohl verbieten und 
dann sind die gegenwärtigen Verhältnisie besonders ungünstig für militärische Mehr 
forderungen. Während die Teuerung der wichtigsten Lebensmittel und der Rückgang 
weiter Crwerbszweige die Vermehrung der Auslagen erschweren, würde die gesamte 
politische Lage es bedenklich erscheinen lasien, der öffentlichen Darstellung der äußeren 
Verhältniffe das dunkele Kolorit zu geben, welches sie erhalten müßte, um zu 
wirken. Man wäre dabei in Gefahr, nach außen zu provozieren, nach innen Handel 
und Wandel noch mehr einzuschüchtern. Die militärischen Vorbereitungen werden 
sich aber bis zu jedem verlangten Termine fertigstellen laffen, gleichviel, welche 
Forderungen man stellt. Sollte sofort, noch in diesem Herbst etwas geschehen, so 
könnte das nur die Einstellung aller bei dem diesjährigen Crsahgeschäft tauglich 
Befundenen sein, eine Maßregel, die durch Königlichen Befehl in Preußen sofort 
in die Wege geleitet werden kann, die aber in der Richtung auf Verkürzung der 
Dienstzeit liegt und voraussichtlich große Zahlen nicht ergeben würde. 
Schwieriger können sich die finanziellen Vorarbeiten gestalten. Die fort 
laufenden und immer weiter mit der zunehmenden Kopfstärke steigenden Mehraus- 
x ) Tatsächlich rechneten Offiziere, Beamte usw. nicht mit in die Präsenzstärke 
ein. Text-Band S. 3.
	        
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