Volltext: Kriegsrüstung und Kriegswirtschaft. Anlagen zum ersten Band (1,2)

Die militärische Rüstung — Anhang. 
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Die Inanspruchnahme des größeren Teiles der aktiven Fußartillerie als Fuß- 
artillerie mit Bespannung verminderte naturgemäß die Zahl der als Belage- 
rungs- und namentlich als Festungsartillerie verfügbar bleibenden For 
mationen. Die Heranziehung von Landwehr-, Landsturm- und Crsahformationen 
genügte zur Deckung dieses Bedarfs um so weniger, als namentlich die großen, mit 
neuzeitlichen Geschützen ausgestatteten Festungen gut geschulte, demnach aktive For 
mationen als leistungsfähige Geschützbedienungen verlangten. Die General-Inspek 
tion der Fußartillerie wies wiederholt darauf hin, daß das erweiterte Tätigkeits 
gebiet eine Vermehrung der Waffe dringend erforderlich mache, um auch weiterhin 
neben Deckung des Bedarfs für die Velagerungsartillerie wenigstens den wichtigsten 
Festungen bei einer Mobilmachung eine ausreichende Zahl aktiver Formationen als 
Besatzungen zuteilen zu können. Dementsprechend sah das Verdysche Programm ein 
mal eine Erhöhung der Friedensstärken, die derzeit bei der Mehrzahl der Bataillone 
je 480 bis 500, bei dem Rest 595 bis 599 Unteroffiziere und Mann betrugen, um 
60 bis 70 Unteroffiziere und Mann für jedes Bataillon, sodann die Neubildung von 
neun Bataillonen einschließlich einiger Regimentsstäbe vor, damit gleichzeitig auch 
jedes Friedensarmeekorps ein Fußartillerie-Regiment zu zwei Bataillonen erhalten 
könnte. Diese Forderungen wurden durch das Präsenzgesetz von 1893 zum Teil er 
füllt. Reben Ausstattung der Bataillone mit einem im allgemeinen einheitlichen, 
durch die Abstriche an der Wehrvorlage freilich verkürzten Etat von 587 bis 605 Unter 
offizieren und Mann wurden sechs Bataillone (drei Regimenter) und eine Kompagnie 
errichtet, die ein bestehendes Regiment verstärkte^). Infolge Verlegung weiterer Fuß- 
artillerie-Regimenter in die großen Festungen im Westen und Osten des Reiches blieb 
jedoch eine Anzahl Armeekorps wie bisher ohne Fußartillerie. — Die Organisation 
der Kommandobehörden der Friedensfußartillerie wurde in Preußen Mitte der neun 
ziger Jahre durch Wiedereinführung des Brigade-Verbandes abermals geändert 
und war nunmehr in zwei Inspektionen und vier Brigade-Kommandos gegliedert * 2 ). 
Außer diesen Ctatserhöhungen und Formationsvermehrungen hatte die Wehr- 
vorlage von 1893 die Schaffung besonderer Bespannungsmöglich- 
leiten für die Fußartillerie in Aussicht genommen. Da Pferde für Geschütze, 
Munitionsfahrzeuge usw. erst bei der Mobilmachung beschafft werden sollten, mußten 
sich die als Fußartillerie mit Bespannung ausersehenen Formationen für Schulungs 
und Ausbildungszwecke bisher mit Crmietung von Pferden oder Cntleihung von Ge 
spannen anderer Truppenteile begnügen. Durch derartige Behelfsmaßnahmen wurde 
naturgemäß die Ausbildung der Fußartillerie als Waffe des Feldkrieges aufs emp 
findlichste beeinträchtigt. Ein erster bescheidener Anfang war mit der Pferdebeschaffung 
im Jahre 1890 durch Verstärkung zweier Train-Bataillone mit Fahrern und Pferden 
gemacht worden, die den am gleichen Orte stehenden Fußartillerie-Regimentern für 
Übungszwecke zur Verfügung standen. Die Wehrvorlage sah nunmehr eine ent- 
x ) Gleichzeitig wurden die um eine dritte vermehrten Lehr°Kompagnien der 
Fußartillerie-Schießschule zu einem Lehr-Bataillon zusammengefaßt. 
2 ) In Bayern war nach Aufhebung der Inspektion der Artillerie und des Trains 
(Anhang S. 374) im Jahre 1889 eine Inspektion der Fußartillerie an Stelle des 
Fußartillerie-Vrigade-Kommandos getreten. — Über Änderungen in der Organi 
sation der Artillerie-Depots und ihre ünterstellung unter die Feldzeugmeisterei vgl. 
Text-Band S.393.
	        
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