Volltext: Vor Pest, Hungersnot und Krieg verschone uns, o Herr! (3. Heft / 1920)

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war bereits steif geworden iiiimb konnte nicht mehr bewegt werden. Dia schrie 
einer, ich weiß nicht wie oft: Mutter heb. Aber sie gab kein Lebenszeichen. 
Sie war «also schon tot, bevor ich gernfen wurde. Dieses Haus war voll Pest. 
1. Dezember. Heute früh habe ich der jungen Bergerin die hl. Sakramente 
gespendet.' Sie protestierte mit allen Kräften, daß sie an der Pest leide, ob 
wohl das Tuch, auf dem sie lag und das auf dem Boden ausgebreitet war, 
voll Pestblut war. Ich wunderte mich über diese weibliche Kühnheit. Wie 
ich das sah, sagte ick es den Hausgenossen und sagte zum Hausherrn und zu 
seiner Magd Margaretha, sie sollen nach Tisch zum Empfang der hl. Kom- 
tmnüoiu die Frau, als eine in Gefahr schwebende. vorbereiten. Da wurde der 
Hausvater, der sogen. Berger Lipp ungehalten «und wollte die Sache aufschieben. 
Zeh ließ dabei kein Warten zu, kam nach zwei Stunden wieder und pro- 
vihierte sie. Als ich ihm aber zuredete, er soll die Medizin wegen der Todes 
gefahr nicht mißachten, gab er mir zur Antwort, es werden noch Wunder 
geschehen. Er war eben ein wunderlicher Mann. Es starb ein Söhnchen von 
ihm von etwa drei Fahren an der Pest und siehe, da schloß er die Türe imb 
ließ niemand hinein, um das Kind zu beerdigen, nahm das tote Kind bald 
auf die Arme, bald über den Kopf, bis bewaffnete Wächter eindrangen und 
mit Schlägen seine verkehrten Entschuldiguuaen und Sprüche verstummen 
machten. 
23. Dezember. Heute bin ich zur Erteilung der Generalabsolution zu der 
Magd des Berger Lipp zu Berg gerufen worden, hernach spendete ich die 
Sakramente einem alten Weiblein, dem sogen. Badweibl, aber sie war nicht 
an der Pest kmnk. Heute an dem hohen Festtage, 25. Dezember, las ich 
die Messe Meder in meinem Hause für die Pestangestellten, die im Zimmer 
jetzt sein durften. Zu beiden Seiten stand die Wachmannschaft in Waffen, in 
der Mitte knieten die Soldaten. In diesem Monate besuchte ich auch die in 
Beobachtung Internierten und gab ihnen Segen «und Ermahnungen. 
— [=□ — 
18. Februar. Heute erschien mit meinem Hochw. Herrn Probste Johann 
von Höglwörth der Tag meiner Erlösung, lwo ich nach einem Bade in Röhren 
bach im Herrenstübl meiner früheren Freiheit zurückgegeben wurde und in 
mein Kloster von Kaspar Waidispomtner gefahren wurde. Inzwischen hatte 
Man alle meine Kleider verbrannt. Ich hätte noch viel zu notieren, aber ich 
unterlasse es, ich glaube, daß auch vou anderen Ortschaften, wo die grause 
Pest ist, Nachrichten kommen. Ich bitte und hoffe, es werde der Allmäch 
tige von allen und von einzelnen solch jammerreiche und tränenvolle Tage 
einer Pest abwenden. Betet für mich! 
(Aus dem Heimatblatt des Reichenhaller Gbmzboten.) 
2, 
Hungersnot! Kennt Jtir das? Den Hunger, der ln den 
Gedärmen wütet, der den Geist verwirrt und die Sinne? 
Die wenigsten wohl! Karge Leiten und teure Leiten schon 
— aber eine richtige Hungersnot ist seit der Einführung der 
Kartossel und bei der vielsältigen Verknüpfung unseres 
Winkels mit der Weltwirtschaft kaum mehr möglich. 73 
Hungersnöte finden stch in den Geschichtsbüchern ausge 
zeichnet — die letzte im Fahre 7 $76, 
Von dieser letzten allgemeinen Hungersnot finden wir 
im Vagrischen Helmgarten eine so ausgezeichnete Veschrei-
	        
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