Volltext: Postbüchel 1913 (1913)

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Zur Geschichte des Postbüchels. 
Wir sprechen so gerne von einem „historischen Recht", 
wenn wir einen recht gewichtigen Gründ für den Weiterbestand 
einer Einrichtung vorführen wollen. Die Geltendmachung dieses 
Grundes ist auch zumeist derart wirkungsvoll, daß man die Ein¬ 
richtung weiter bestehen läßt, wenn nicht zwingende Ursachen 
ihre Aenderung oder Abschaffung erfordert. 
Dieses „historische Recht" kann auch das Postbüchel, diese 
Widmung des Briefträgers an seine „hohen Gönner" für sich in 
Anspruch nehmen. Es war wohl nicht zuletzt die Achtung vor 
seinem ehrwürdigen Alter, daß die Postbehörde seinem weiteren 
Erscheinen nicht ein Ende setzte, wie die Absicht vor einigen 
Jahren bestand. 
Seit wann schreibt sich nun der Brauch 
dieser literarischen Neujahrsgabe und wer 
hat ihn ein ge f ü h r t? Der Name des Mannes ist uns 
nicht erhalten, der als erster zu den aus der Ferne kommenden 
schriftlichen Nachrichten die eigene Gabe fügte, aber sein Wirken 
ist vermutlich zu suchen im 17. Jahrhundert. In diese Zeit, 
auf etwa 250 Jahre zurück, führen uns die ersten bekannten 
Spuren des Postbüchels und wir dürfen mit Recht annehmen, 
daß seine Anfänge mit der dauernden Beschäftigung bestimmter 
Personen im Postdienste, somit mit der Schaffung eines geregel¬ 
ten Postdienstes überhaupt, zusammenfallen, wie wir dies unter 
den Familien Taxis und Paar finden. 
In öffentlichen Bibkiotheke-n -sind m einzelnen Exemplaren 
Postbüchel verwahrt, die ein Atter von weit über 200 Jahren 
aufweisen. Das älteste uns bekannt gewordene Postbüchel aus 
Oesterreich ist verfaßt von Johann I o r d a n, dem 
„T a x - B r i e f f t r a g e r der R ö m. K a h s. M a f e st. 
Obrist-Hoff-Post-Ampts" für das Jahr 1701. 
Mit ihm wollen wir uns für diesmal etwas eingehender beschäf¬ 
tigen, denn es ist ein Dokument von geschichtlichem Werte und 
als solches gesucht und geschätzt: Es ist das erste gedruckte, wohl¬ 
geordnete und vollständige Häuser Verzeichnis der Stadt Wien. 
Der Verfasser sagt in seiner langen Vorrede, in der er 
auch von der Entstehung Wiens nach einer alten Ueberlieferung 
erzählt, er habe sich zur 
„Beschreibung dieser p reis z - würdigsten Kays. Refidentz-Statt 
. untersangen, weil mein Briefftrager / Ampt mit sich 
„bringet / dieselbe gleichsamb mit unaufhörlichen Fleisz und 
„unverdrossener Mühe durchzulauffen / und zu besuchen / ver- 
„hoffend denen jenigen / welche fast täglich zu mir schicken und 
„kommen / und nachzufragen / wo respective einer oder 
„anderer einlogiert sehe / dadurch nicht geringe Information 
„und Vergnügen zu geben."
	        
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