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begann das eigene Artilleriefeuer, das 40 Minuten währte, dann
nach rückwärts verlegt wurde, worauf die Infanterie auf der ganzen
Linie gleichzeitig vorstürmte. Der Angriff erfolgte in zwei Gruppen,
von denen die nördliche das angestrebte Ziel erreichte; die südliche
war jedoch in schweres Artilleriefeuer von der Sdobbamündung
gekommen, das die Fortsetzung des Angriffes bei Tag ausschloß. Die
Erneuerung in der Nacht brachte auch diese Gruppe in den Besitz
der angestrebten ,,1—c"-Linie.
Angriffe des Feindes am Nachmittag des 3. Juni wurden unter
großen Verlusten für den Gegner abgewiesen. Das gleiche Los hat
ten auch Angriffe in den nächsten Tagen. Seit dem 6. Juni war dann
keine besondere Kampftätigkeit mehr zu verzeichnen, die zehnte
Isonzo-Schlacht war zu Ende. Der Feind widmete sich nunmehi
dem intensiven Ausbau seiner Stellungen.
Die planmäßig vorbereitete und durchgeführte Wiedergewin
nung der „Flondar-Stellung", die Abwehr der Vorstöße des Feindes
und damit die Verhinderung der von ihm sehnlichst erwarteten Er
oberung von Triest ist ein wesentlicher Erfolg der Kräfteverteilung
auf der Hermada und des mit unwiderstehlicher Wucht durch
geführten Gegenangriffes durch FML. v. Schneider.
Die Gesamtzahl der Gefangenen in der Zeit vom 12. Mai bis
6. Juni betrug 274 Offiziere und 12.224 Mann. Erbeutet wurden
160 Maschinengewehre, 4 schwere Geschütze, 15 Mitrailleusen und
zahlreiches Kriegsmaterial.
Oberstleutnant Franz Schöbl
Schöbl wurde am 6. Juni 1868 in Neuhaus in Böhmen als Sohn eines Gym
nasialprofessors geboren, besuchte das Gymnasium und die Theresianische Mili
tärakademie in Wiener Neustadt, aus der er am 18. August 1890 als Leutnant zum
IR. 75 ausgemustert wurde. 1893 kam er in die Kriegsschule (Kriegsakademie). In
den Jahren 1896 und 1897 war er dem Generalstabe zugeteilt; 1900 erfolgte seine
Ernennung zum Hauptmann im Generalstabskorps.
Vom Jahre 1907 an stand Schöbl in Verwendung bei der Truppe und zog als
Bataillonskommandant beim IR. 79 ins Feld, dessen Kommando er nach der Ver
wundung des Regimentskommandanten am 8. September übernahm. In dieser
Eigenschaft erwarb er sich für den Übergang über die Drina bei Salas am 16. Sep
tember und den Angriff auf die Vihrahöhe am 2. Dezember 1914 das Ritterkreuz
des Militär-Maria Theresien-Ordens.
Schöbl übernahm im weiteren Verlaufe des Feldzuges das Kommando des
IR. 21 und im Jahre 1917 jenes der 72., dann der 37. IBrig. Nach Auflösung der
österreichisch-ungarischen Wehrmacht wurde Schöbl in die tschechoslowakische
Armee übernommen, zum Befehlshaber der Streitkräfte in der Slowakei ernannt
und trat als Divisionsgeneral in den Ruhestand. Er starb am 8. Juli 1937 in Prag.