Volltext: Zwei Jahre italienischer Krieg

Was Italien noch auf den blauen Wogen der Adria einzugehen 
beabsichtigt, ist eine Frage der Zukunft, der nicht vorgegriffen 
werden kann. Sicher ist, daß sie eine schlagkräftige Flotte vorfinden 
werden, deren Initiative seit den zwei Jahren, vor denen sie den Krieg 
an die italienische Küste trug, nicht geringer geworden ist, und deren 
materielle Verluste einen verschwindenden Bruchteil jener bilden, 
mit welchen Italien seine adriatischen Aspirationen zwecklos 
bezahlt hat. 
Die wirtschaftliche Bilanz des italienischen Krieges. 
Wie sieht nun die wirtschaftliche Bilanz aus ? Vor dem libyschen 
Kriege war die finanzielle Lage Italiens eine glänzende. Die Folgen 
des abessinischen Abenteuers, welches Italien im Jahre 1895 fast 
an den Rand des Staatsbankerotts gebracht hatte, waren durch 
Sparsamkeit und fleißige Arbeit in relativ sehr kurzer Zeit über¬ 
wunden worden. Die wirtschaftlichen Hilfsquellen des Reiches 
wurden mit Hilfe der deutschen und österreichisch-ungarischen 
Banken in großartiger Weise entwickelt. Die Anlehnung an die 
Mittelmächte kam Italien in jeder Beziehung sehr zustatten. Die 
Handelsbilanz war wohl immer mit etwa einer Milliarde Lire passiv, 
aber dieser Passivsaldo wurde durch den Fremdenverkehr und die 
Geldsendungen der Auswanderer leicht ausgeglichen. Das Disagio 
der Valuta war verschwunden, die Bevölkerung war in der Lage, 
die im Auslande placierte italienische Rente in immer steigendem 
Grade zurückzukaufen, und, da die sparsame Staatsverwaltung 
keine neuen Schulden machte, konnte es geschehen, daß in einer 
Zeit steigenden Zinsfußes und allgemeinen Rückganges der Renten¬ 
kurse gerade die dreieinhalbprczcntige italienische Rente einen 
abnorm hohen Stand erreichte und bewahrte. Kurzum, die italie¬ 
nische Volkswirtschaft war gesund wie nie zuvor und im Aufblühen 
begriffen. Die Eroberung von Tripolis, der erste Akt des italienischen 
Imp^ralismus, nötigte die Regierung zur Aufnahme großer schwer 
bender Schulden und schwächte die finanzielle Kraft Italiens 
ein wenig, aber diese Unterbrechung wäre nicht von Dauer gewesen« 
Da kam der Weltkrieg, Italien erklärte sich für neutral und 
hätte Gelegenheit gehabt, gleich den anderen Neutralen aus dem 
Vollen zu schöpfen. Im ersten Kriegsjahre gehörte es auch zu den 
tertii gaudentes, doch übten schon damals heimliche Rüstungen 
einen ungünstigen Einfluß auf die Staatsausgaben und die Wechsel¬ 
kurse. Bei Kriegcbeginn hatte der italienische Wechselkurs in London 
ein Disagio von einem Prozent; während sich dann die Wechsel- 
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