Volltext: Hindenburg und Tannenberg (2,2 / 1915)

Zigeunerleben. 
24. September 4944. 
Ihre werte Karte habe ich am 23. September erhalten, 
ebenso die Zeitungen. Vielen Dank für die Aufmerksam¬ 
keit. Man erfährt wenigstens dadurch, was in der Welt 
vorgeht. Nun, liebe Kollegen, will ich Euch mitteilen, daß 
ich noch gesund bin. Wir Haben die ganze Provinz Ost¬ 
preußen durchstreift und befinden uns nun seit vier Tagen 
in Rußland. An zwei Gefechten habe ich mit teilgenommen. 
Die Russen haben hier furchtbar gehaust und habe ich 
ganz wüste Sachen zu sehen bekommen. Daß wir uns 
in R. befinden, ist gleich zu merken, denn hier gibt 
es keine Chausseen, sondern nur Feldwege und die sind 
bei Regenwetter nicht passierbar; wir müssen bloß immer 
aufpassen, daß unsere Stiefel nicht im Schmutz stecken 
bleiben. Ich kann Euch sagen, hier kann man was er¬ 
leben. Zigarren und Tabak sind hier überhaupt nicht zu 
haben, wenn mal ein Kamerad ein bißchen Tabak hat, 
dann wird er gestürmt. Bier habe ich schon seit drei 
Wochen nicht mehr zu sehen bekommen, ebenso ist daö 
Wasser sehr knapp, waschen können wir uns nur selten. 
Unsere Bagage bekommen wir manchmal tagelang nicht 
zu sehen und haben auch daher nur trocken Brot, und 
auch das manchmal nicht, zu essen. Nun, da heißt es eben 
nehmen, wo was zu haben ist, denn in der Not frißt der 
Teufel Fliegen; es ist überhaupt ein richtiges Zigeuner¬ 
leben. Was nun weiter kommen wird, wissen wir nicht, 
denn wir erfahren hier überhaupt nichts. Nun, Kollegen, 
lebt alle wohl und seid alle vielmals gegrüßt. 
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