Volltext: Die Stiftungsurkunde des Klosters Kremsmünster

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6. Die Slavendekanie Physsos 
St: Tradimus autem et decaniam sclavorum cum opere fiscali seu 
tributo iusto, quod nobis antea persolvi consueverant. Hos omnes 
predictos sclavos quos sub illos actores sunt qui vocantur Taliup 
et Sparuna, quos infra terminum manent que coniuravit ille 
iopan qui vocatur Physso et conduxit per gyrum illos nomi¬ 
nantes Fater abbas et Arn presbyter et Chuniperht iudex et 
Hleodro comes et Kerperht, iussi a summo principe Tassilone 
definire decreverunt et terminum posuerunt, totum ex integro 
ad eum tradimus locum — 
DU: nec non decania una de illis Sclavis, super quos fuerunt (U: sunt) 
actores Taliup et Sparuna, nec non secus fluvium quod dicitur 
Thodicha triginta Sclavos et territorium, sicut ad supradictam 
decaniam pertinet vel Physso coniuravit et Arno episcopus seu 
Fater abbas simul cum Hleodro comite et Chuniberti iudice 
circumierunt (U: ut Phisso et iVrno episcopus coniuraverunt). 
Im Gegensatz zu den bisher erwähnten Landschenkungen, die 
Kremsmünster vornehmlich als Wirtschafts- und Rodungskloster 
charakterisieren, zeigen die folgenden Traditionen, daß Tassilo mit 
der Gründung Kremsmünsters noch andere Ziele verfolgte: die 
Christianisierung und Germanisierung der im Traungau wohnenden 
Slaven (Slovenen). 
Die slavischen Völkerschaften waren, wie man annimmt, nach 
wirtschaftlichen Gesichtspunkten in Dekanien eingeteilt, deren jede 
eine bestimmte Ortschaft gebildet zu haben scheint.1) Der Jopan 
(= Supan) ist der administrative und richterliche Vorstand des Ortes, 
der die Ordnung im Dorf zu wahren hat, der die Sammlung der Ab¬ 
gaben, die Vermessung der Grundstücke vornimmt. Die actores Taliup 
und Sparuna gebieten, wie aus dem Diplom erhellt, nicht bloß über 
die eine dem Kloster zugewiesene Dekanie, sondern auch über andere 
Slavengruppen, so daß wir in ihnen wohl Stammeshäuptlinge zu er¬ 
kennen haben, denen der Jopan als Vorsteher einer einzelnen Ort¬ 
schaft untergeordnet ist. 
Der Stiftbrief enthält das Wörtchen „una“ nicht, er unterscheidet 
also nicht zwischen der dem Kloster tradierten Dekanie und den 
anderen vom Stift unabhängigen Slaven, wenngleich er die Möglich- 
q Dopsch, Die ältere Sozial- und Wirtschaftsverfassung der Alpenslaven 
(1909) 122 ff. Vgl. Stieber, Das österreichische Landrecht (1905) 83 ff. Der Krems- 
münsterer Kopist überschreibt das Wort decania mit dem Ausdruck: I. decimam. 
Taf. IV.
	        
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