Volltext: Die Stiftungsurkunde des Klosters Kremsmünster

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statt.1) Schon darum allein kann keine der beiden Versammlungen mit 
der Ausstellung des Stiftbriefes in Zusammenhang gebracht werden. 
Den Schluß in secula seculorum. Amen hat Abel für verdächtig 
erklärt.2) Doch wird heute niemand mehr dieser Anschauung bei¬ 
stimmen. Wir erkennen in den Worten regnante dom. n. J. Chr. usw. 
eine Art Apprecatio, die sich in den bayrischen Urkunden öfter nach- 
weisen läßt. Aus den drei Jahrzehnten 770—800 lassen sich fünf 
bayrische Urkunden darunter auch das Passauer Privileg — an¬ 
führen, die mit derselben Formel wie der Stiftbrief schließen.3) 
3. Die Zeugenreihe 
Die Zeugenreihe wird mit den Worten eingeleitet: Acta sunt 
autem hec coram multis testibus videntibus et audientibus, ex quibus 
aliquos hie inseremus. Auch diese Formel benützt Abel zur Beweis¬ 
führung gegen die Echtheit der Urkunde. „Die Aufführung der Zeugen, 
aus denen gar nur eine Auswahl getroffen wird, geschieht in einer 
ganz ungewöhnlichen Form.“ Gewöhnlich werden die Zeugenreihen 
mit der kurzen Formel: et hi testes, hec sunt nomina testium usw. 
eingeleitet; auch in der Passauer und Scheftlarner Urkunde heißt es 
kurzweg: et hi testes. Der Stiftbrief unterscheidet sich also von den 
anderen Urkunden dadurch, daß statt der erwähnten kurzen Formeln 
ein ganzes Satzgefüge zur Aufführung der Zeugen verwendet erscheint. 
Dies entspricht aber der breiten Anlage der Urkunde überhaupt. Mit 
den feierlichen Phrasen des Stiftbriefes harmonieren die genannten 
schlichten Formeln nicht, darum hat der Verfasser eine breitere Form 
gewählt und zur Einführung der Zeugen den sonst der Datierung 
eigentümlichen Ausdruck benützt. Wollte man die Stelle zum Nach¬ 
weis der Verunechtung benützen, so müßte man konsequenterweise 
alle jene Urkunden verdächtigen, deren Zeugeneinleitung von der 
gewöhnlichen Form abweicht.4) Wenn ferner nicht alle anwesenden 
0 Hauck, Kirchengesch. Deutschlands. 2. Aufl. II. 441. Anm. 1. 
2) AaO. 283. 
3) UO. I. n. 76; Mb. 28. II. n. 7, 22, 76 (ohne Amen); B. n. 36. Daneben lassen 
sich auch andere Segensformeln konstatieren, besonders in dei nomine feliciter, 
wozu Sickel (Acta I. 238) bezüglich der Karol. Dipl, bemerkt: „An dieser Sitte und 
an diesen Fassungen (der Merovingerdiplome) hielten dann auch die Notare der 
Karolinger fest und fügten nur in den meisten Fällen noch ein amen hinzu.“ 
4) Eine Mondseer Tradition schließt mit den Worten: acta sunt autem coram 
multis testibus. UO. I. n. 33. Im Traditionskodex sind die Zeugen stets durch die 
Worte testes multi ersetzt. Der erwähnte Ausdruck scheint aus dem Original über¬ 
nommen zu sein. B. n. 5, 23, 31, 127, 145, 162, 181, 186, 192.
	        
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