Volltext: Die Stiftungsurkunde des Klosters Kremsmünster

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kann, da der Beurkundungsbefehl ausdrücklich auf den Herzog zu¬ 
rückgeführt wird, nur auf das mündliche oder schriftliche Diktat des 
Diakon Snelhart bezogen werden. Diese Art und Weise der Abfassung' 
weicht von der gewöhnlichen Form insofern ab, als in der Regel der 
Empfänger oder Aussteller die Tradition diktiert1) und somit an der 
Herstellung der Urkunde nur eine, nicht zwei Mittelspersonen be¬ 
teiligt waren; auch in den tassilonischen Urkunden wird, soweit ein 
Verfasser überhaupt erwähnt ist, nur eine Persönlichkeit genannt.2) 
Doch ist der Vorgang an sich keineswegs inkorrekt und auch aus 
dem bayrischen Urkundenmaterial lassen sich einige Fälle nachweisen, 
in denen neben dem Verfasser auch ein Schreiber genannt ist.3) Wir 
haben schon darauf hingewiesen, daß die Bedeutung, die man der 
Stiftung beilegte, auch in der Form der Beurkundung zum Ausdruck 
komme. Dem entspricht es durchaus, daß an der Herstellung des 
Stiftbriefes zwei Persönlichkeiten beteiligt erscheinen, daß das Diktat 
oder Konzept der Urkunde auch äußerlich die Form eines solennen 
Zeugnisses erhielt. Wir bezeichnen demnach den Diakon Snelhart 
als den geistigen Urheber der Urkunde und halten die Arbeit des 
Diakon Willaperht für eine mehr weniger mechanische. 
Über den genannten Schreiber geben uns die Quellen keinen 
Aufschluß. Allerdings können wir für das ausgehende achte Jahr¬ 
hundert zwei Notare dieses Namens, einen Diakon und einen Priester 
Willaperht, namhaft machen; aber mit der Ausfertigung der Stiftungs¬ 
urkunde dürfen wir sie nicht in Zusammenhang bringen. Im Jahre 776 
schreibt der Priester Willaperht auf Befehl des Abtes Atto (der im 
Stiftbrief als Zeuge genannt ist) eine Schenkungsurkunde für das 
Kloster Schlehdorf; es ist zweifellos derselbe, der in den Jahren 794 
und 809 ausdrücklich als Priester und Mönch des Klosters Schlehdorf 
bezeichnet erscheint.4) In der Zeit 790 — 808 fungiert ein Diakon 
(790 Kleriker) Willaperht als Notar des Freisinger Bischofs Atto; von 
seiner Hand sind uns noch fünf Urkunden erhalten, viermal ist er 
als Zeuge genannt.5) Aber der Schreiber der Stiftungsurkunde ist mit 
0 B. XXXVIII. 
2) H. 178: „Aus der Stiftungsurkunde von Kremsmünster könnte geschlossen 
werden, daß in der herzoglichen Kanzlei mehrere solche Diaconi verwendet waren. 
Unsere Zusammenstellung ergibt indessen hiegegen Zweifel.“ 
9 B. n. 45 b aus dem Jahr 772, n. 295 aus dem Jahr 809, n. 470 aus der 
Zeit c. 822. 
4) B. n. 76, 171, 295. 
5) B. n. 109, 127, 158, 154, 156, 164, 201, 216, 284. Abt Atto ist im Jahre 788 
Bischof von Freising geworden.
	        
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