Volltext: Arras, Lille u. La Bassee (7,2 / 1916)

Frau, die in ihren nordfranzösischen Lauten händeringend bat, 
ihr doch die letzte Kuh zu retten. Wie weh tut 
das auch dem Soldaten, dem Kriegsrecht freien Lauf 
lassen zu müssen und nicht helfen zu können. Schreck¬ 
lich der Krieg, und dreimal wehe denen, die ihn in 
schrankenloser Willkür vom Zaun brachen. Laßt mich 
schweigen von den trüben Bildern, die das männermordende 
Tun hier alle hervorbringt. Die langen Züge geschwächt und 
blutleer daherwankender Verwundeter, dazu das ohrenbetäu¬ 
bende Donnern der Geschütze und das Geknatter der Gewehr¬ 
salven und Maschinengewehre! Wir lagen vorgestern und 
gestern zwei Tage im Schützengraben. Der erste Tag ver¬ 
ging so ziemlich leidlich, nur hier und da eine krepierende 
Granate. Auch der gestrige Vormittag — da — es war ge¬ 
gen x/il Uhr nachmittags - eö hatten scheintS einige Leicht¬ 
sinnige die Köpfe etwas weit vorgestreckt — ein Heulen, 
Krachen, Donnern, Surren - die Hölle ist los. Zweiein¬ 
halb Stunden Granat- und Schrapnellfeuer! Jeder kauert, 
krampfhaft zusammengeballt, Beine und Hände angezogen, 
den Tornister als schwachen Schutz vor Kopf und Brust, in 
seinem Erdloch und erwartet Minute zu Minute den töd¬ 
lichen Einschlag. Um 5 Uhr endlich schwacher Nachlaß des 
erderschütternden Donners. Ich krieche auf allen Vieren 
den Graben meines Zuges entlang: „Seid ihr alle heil, Kin- 
ders?" Ein schüchternes, erleichterndes: „Jawohl, Herr Feld¬ 
webel!" Da am linken Flügel. Bei Gott, was ist da? Ein 
gewaltiges Erdloch! Zwei meiner bravsten Leute sitzen da wie 
schlafend, keinem Anruf Folge gebend. Die Aermsten! Ei¬ 
nem hat ein Granatsplitter den Hinterkopf weggerissen, dem 
anderen ein gleichartiges Unheilftück die Halsschlagader durch¬ 
schlagen. Rotrieselnde Bluttropfen rinnen in die granatzer- 
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