Volltext: Arras, Lille u. La Bassee (7,2 / 1916)

Unmengen von Vieh treiben sich führerlos auf den Feldern 
herum; an Fleisch haben wir keinen Mangel. Mit dem Fe¬ 
dervieh ist schon ordentlich aufgeräumt, nur die Tauben sind 
schwer einzufangen, da sie die Schläge nicht mehr aufsuchen. 
Jäger im Felde. 
Ihr kennt doch das Bild A. v. Werners, auf dem in einem 
glänzenden Salon im Stile Louis quinze preußische Soldaten 
gestiefelt und gespornt mit aufgeknöpftem Waffenrocke vor ei¬ 
nem brennenden Kamin sitzen, rauchend und musizierend. In 
gleicher angenehmer Lage habe ich mich wiederholt befunden, 
bin ich heute. 
Keine Zeit bietet solche äußersten Gegensätze wie die 
Kriegszeit. Zwei Bataillonsführer sind in meiner unmittel¬ 
baren Nähe von Granaten getroffen und schwer verwundet 
worden; ich aber habe nur die stickige Luft zu atmen brauchen. 
Bei einem Sturmangriff fiel wenige Schritte neben 
nur ein lieber Kamerad, von der Kugel eines raffelnden Ma¬ 
schinengewehres in den Leib getroffen, sich wie ein Hase über¬ 
schlagend. Ich blieb aber im pfeifenden Kugelregen, wahn¬ 
sinnig wie meine Leute vor Wut und Blutdurst, völlig unver¬ 
letzt. Und stets an solchen Tagen saßen wir Ueberlebenden 
abends bei einer Flasche Champagner und genossen mit dem 
Sekt durstig die Freude des Daseins. Einige kurze Worte des 
Bedauerns — und selbstsüchtig dachten wir wieder an uns 
selbst. 
Keine Zeit zeigt so den wahren Charakter des Menschen 
wie der Krieg. Er entblößt den inneren Menschen und zeigt 
ihn in ganzer Nacktheit. Unscheinbare, stille Menschen stehen 
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