Volltext: Illustrierte Kriegschronik des "Kikeriki"

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Am 21. November starb, tiefbetrauert von seinen Völkern, Kaiser 
Franz Josef. 
Unseres Kaisers letzte Fahrt. 
Wenn du, o Leser, jemals warst m Wien, 
Dann sahst du wohl des Kaisers schlichten Wagen, 
Der um die vierte Stund' nachmittags ihn 
Von seiner Burg nach Schloß Schönbrunn getragen 
And morgens in die Stadst dann wieder hin. 
Jahraus, jahrein, beinah' an allen Tagen. 
And wenn der Fahrt begegnete dein Fuß, 
Dann dankte freundlich dir des Kaisers Gruß. 
Allmählich selt'ner ward sein Rossepaar, 
Es trabte nimmer täglich seine Trasse, 
And endlich fehlte die Karosse gar 
Dem Stadtbild der Mariahilferstraße, 
Seitdem die Fahrt aus seinem Schlosse war 
Dem Greis vom Arzt verwehrt in jedem Maße. 
Wie er von seinem Ischl mußte scheiden, 
So mußte er auch seine Wiener meiden. 
Nur heute spannt man einmal wieder ein. 
Es tut sich aus des Stalls geschloss'ner Riegel; 
Zwei Schimmel schirrt man an, schneeweiß und rein. 
Doch siehe, diese Rosse haben Flügel ! 
And statt des Kutschers und des Leiblakai'n 
Zwei. Englein sitzen auf und führ'n die Zügel, 
And sieh, schon hieben ihren Luf die Pferde, 
Doch ach, sie schweben aufwärts von der Erde! 
Zum Kimme! geht die letzte Fahrt empor. 
Schon will der Wagen steigen in die Köhe, 
Doch ehe er die Erde ganz verlor, 
Da ist dem Kaiser, daß er etwas sehe : 
Es steht ein Weib in einem Tränenflor 
Am Weg, Frau Austria voll Abschiedswehe. 
Ihr gilt des Kaisers letzter Gruß voll Güte, 
Sein Segen, daß sie immer Gott behüte! 
Empor! Empor! Die Erde weicht zurücke, *- 
Vor'm Paradiese langt der Kaiser an. 
And an der Türe zu dem Äimmelsglücke, 
Da wird ihm von Sänkt Peter aufgetan. 
Nur einen Blick in seine treuen Blicke, 
And gleich gibt ihm der Pförtner freie Bahn, 
And nach der Erde Last und vielem Leide 
Geht er nun ein ins Reich der Kimmelsfreude, 
Jahrgang 1916, Nr. 48.
	        
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