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Qfaijrgang 1915, Nr. 4. AxtraaUZgahÜSH!
An Samstag ward mit Redaktionskommandobefehl Nr. 72
zur Verlautbarung gebracht, daß vier Seher und ein Maschinen¬
meister des „Tag" Sonntag ab 8 Ahr früh strenge Bereitschaft
zu halten haben. Nach den amtlichen Verlautbarungen war für die
nächsten Tage zwar keine wesentliche Veränderung auf den beiden
Kriegsschauplätzen zu erwarten — nu, wer kann aber wissen? Be¬
sonders dann, wenn man einen Strategen von der Initiative des
Kriegsberichterstatters Osa Barches an der sogenannten „Front"
hält wie der „Tag". Braucht da der Feind zu machen in Offensive,
Defensive oder wie sich jenes Getue haaßt, wenn Osa Barches
macht in Perspektive! Lieb' Vaterland, magst ruhig sein, wenn
de kannst! Aber ma waß ja, du kannst es nix, wenn es kane Extra¬
ausgaben gibt, und das waaß auch Osa Barches.
Es is scho halbete Elf, die Seher vom „Tag" haben bereits
die Zweite Raaberworscht in die Hinteren Etappen dirigiert und
noch immer ka Beschäftigung. Kostet schwares Geld, diese Seher¬
bereitschaft. „Soll ma de Leite umsonst bezahlen?" mant Iossele
Meisels, was war der „lokaler Teil" und aushilfsweise der Leit¬
artikler zu Grünbam, dem Ehef. „Nu abwarten ma noch a halbete
Stund'!", mant Grünbam: „Bis geschlagene Elf muß Barches
kontraktgemäß zwa Spalten „Anser Krieg im Osten" geliefert haben".
Es ward Elf, „geschlagene Elf", von Barches kein Lebens¬
zeichen. Auf der Straße dumpfes Gemurmel. Die Lerolde der
siebenten Großmacht, welche um 10 Leller ratenweise die neuere
Weltgeschichte an Zeitgenossen und Passanten liefern, beginnen zu
murren. Beim Murren bleibt's nicht. Kramel Schloize dringt in die
Redaktion ein und verlangt Aufschluß. „Wos is, es is halber ans
und noch immer nix?! — San ma a Großmacht oder san ma a
Lund ? Lerr Meisels, Se wissen, was Se der öffentlichen Manung
schuldig san! Machen Se Gefangene, demontieren Se Geschütze,
gehen Se nordöstlich vor, umzingeln Se! Oder tun Se was
Se wollen, auf jeden Fall schreiben Se! Es muß was geschehen!
Nicht „es kann da nix g'schehn" — veraltete Redensart von dem
Lehar oder wie er gehaßen hat; es muß was gescheht das is de
Forderung der Leute von heute". „Schaun Se, Lerr, Se haben
ja nix ä so unrecht, aber was kann ich machen, wenn der Linden¬
burg, bis zur Minute noch nix . .. „Ah, so sennen se gestellt? Auf
Lindenburg san Se angewiesen? Seh' der an do, der „Tag" brauch'
Feldherrn, vielleicht auch noch ä Kriegsmarine! Lerr, Lerr Meisels,
Ihre Waffen is das Wort, das geschriebene Wort, vergessen Se
nix Ihre Mission!" — Zerknirscht überbrachte Meisels dieses