Volltext: Illustrierte Kriegschronik des "Kikeriki"

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Jahrgang 1915, Nr. 5. 
Vas Lied vom Loch. 
(Zum Kampfe gegen die Zensur.) 
Die ängstlichen Gerüchte, 
Die lange uns umsummt 
Im Mund gewisser Wichte, 
Sind allesamt verstumt. 
Nur eins von ärgster Tücke, 
Das gibt es immer noch; 
Das ist im Blatt die Lücke, 
Das ist im Text das Loch. 
So fesselt keine Prosa, 
So mächtig wirkt kein Vers, 
(Nicht mal dem Marquis Posa 
Von Schiller möglich wär's). 
So hat das Bild von Sais 
Gereizt die Neugier nie. 
Wie wenn ein Bildraum frei is 
Manchmal im „Kikeriki". 
Ja, Loch! Mit diesem Worte 
Benenne ich es keck, 
Obwohl's an seinem Orte 
Erscheint als weißer Fleck; 
Denn, wo wir's sehen müssen. 
Da ist ja mit Gewalt 
Zusammenhang zerrissen. 
Es klafft ein offner Spalt. 
Die leeren Blätter wandern 
And sind gesucht gar sehr. 
And einer zeigt's dem andern 
And sagt: „Da schauen S'her: 
Der Äahn, das ist kein Lampel, 
Da schauen ©’, was der wagt! 
Das ist ein fescher Kampel, 
Der stets die Wahrheit sagt!" 
And aus dem leeren Rahmen, 
Da schaut ein Bild heraus. 
Das malen Äerrn und Damen 
Sich selbst phantastisch aus. 
And wo nichts ist zu lesen. 
Ein jeder Leser glaubt. 
Daß dort gemalt gewesen 
Sei das Medusenhaupt. 
And alle Leute laufen 
In die Grünangergass', 
Das nächste Blatt zu kaufen, 
Wenn es vom Druck noch naß. 
Drum streich' nur unverdrossen, 
Äerr Zensor lobesam, 
Du spielst uns keinen Possen, 
Du machst uns nur — Reklam'!
	        
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