Volltext: Heldensage und Namengebung

196 Heldensage und Namengebung. Von K. Schiffmann. 
Namen Dietrich erhalten hatten und ihn bei der Ordination nicht 
umändern durften, erscheinen daher auch als Priester mit dem 
Namen „Dietrich"3. 
Diese hier vorgetragene Auffassung ist aus mehr als einem 
Grunde nicht stichhältig. 
Einmal ist es gar nicht richtig, daß der Name Dietrich in 
geistlichen Kreisen der in Frage stehenden Zeit so selten vor¬ 
komme, im Gegenteil führen mehrere Abte und Pröpste von Melk, 
Seitenstetten, Klosterneuburg, Kanoniker von Passau und Dechante 
den Namen Dietrich. 
Und mußte der Verf. des erwähnten Abschnittes in der 
„Deutsch-österreichischen Literaturgeschichte" schon bezüglich der 
ritterlichen Kreise schreiben : „Im oberösterreichischen Urkunden¬ 
buche, Band I, finden wir, zum Beweise kräftiger bayerischer Art 
und Gesinnung, auch in den besseren Ständen zwischen 874 bis 
1300 etwa vierzig Dietriche, sogar fün f hochadelige Dietriche", 
so verliert der folgende Satz, weit geringer an Zahl seien die 
Dietriche in der Geistlichkeit, stark an Gehalt, wenn zugegeben 
wird, „Kremsmünster stehe mit etwa zwanzig Dietrichen (der zwei 
ältesten Nekrologien) ganz eigenartig da". 
Die Untersuchungen von Frieß zeigen, daß dieses häufige 
Vorkommen des Namens Dietrich in geistlichen Kreisen durchaus 
nicht eigenartig ist. Die Begründung der erwähnten Tatsache, daß in 
den Kremsmünsterer Nekrologien etwa zwanzig Dietriche vorkommen, 
wird mit der 'Gewohnheit der Äbte, einem Novizen ihren Namen zu 
geben', in Verbindung gebracht, andererseits aber wird früher be¬ 
hauptet, die Seltenheit dieses Namens in Mönchskreisen sei auf 
die ablehnende Haltung der Klöster diesem Namen gegenüber zu 
erklären, während er bei Weltpriestern häufiger sei, weil diese 
'bei der Ordination5 ihren Namen nicht hätten abzulegen gebraucht. 
Abgesehen nun von diesem Widerspruch ist auch die Meinung 
falsch, das Vorkommen des Namens Dietrich in Mönchskreisen dieses 
Zeitraumes sei auf den Einfluß der Äbte zurückzuführen, die dem 
Novizen ihren oder überhaupt einen anderen Namen gegeben hätten. 
Die Sitte, bei der Aufnahme in den Orden den Taufnamen 
mit dem Klosternamen zu vertauschen, und zwar so, daß nie zwei 
Professen gleichzeitig denselben Vornamen führen, war in unseren 
Landen im Mittelalter nicht üblich, sondern ist erst viel später 
eingeführt worden. 
Daher finden wir in einer Melker Urkunde vom Jahre 1260 
zwei Marquarde, in Wilhering im Jahre 1242 einen Kellermeister 
und einen Pförtner, die beide Galfried, und 1264 einen Cellerarius 
und einen Cantor dieses Stiftes, die beide Otto hießen. 
In Heiligenkreuz waren 1287 gleichzeitig drei Ulriche: der 
Subprior, der Pförtner und der Siechmeister; bei den Prämonstra- 
tensern zu Osterhofen in Bayern 1287 zwei Heinriche: der Sub¬ 
prior und der Siechmeister und ebensoviele Ulriche: einer mit dem
	        
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