Volltext: Vormarsch

gestern kriegsgetraut: ein zartes, blutjunges Geschöpfchen. 
Hält sich wunderbar, wie's der preußischen Offiziers¬ 
tochter, Offiziersschwester, Offiziersfrau geziemt. Rührend 
in ihrem straff beherrschten Weh. 
— Endlich. Die Wagentüren klappen. Der Stations¬ 
vorsteher legt die Hand an die rote Mütze, die Bahn¬ 
beamten winken, ein tränennasses weißes Tüchlein weht. 
Ein einziges. Der Zug rollt — gen Westen. Am Bahnhoss¬ 
gitter hat sich ein knappes Hundert Menschen angesammelt. 
Sie winken, rufen: Auf Wiedersehen. Die Stadt schwebt 
vorüber, fern die Zwölfer-Kaserne. Die vertraute Land¬ 
schaft, einst Schauplatz unzähliger Felddienstübungen und 
fröhlicher Ritte. Mir hat niemand nachgewinkt. Fern 
im Südwesten schlummern meine Lieben. Eine liegt gewiß 
schlummerlos. Ich denke stumm an sie. Und stumm ge¬ 
worden sind wir alle. Wer wird heimkehren? und wer —- 
wird draußen bleiben? 
Die Fahrt ist gen Westen gegangen. Dauernd gen 
Westen. Als uns das klar wurde, da hat^s einen großen 
Jubel gegeben. Es geht ins schöne Frankreich. Es geht — 
ins Velgierland vielleicht. Wir wußten längst, daß unsere 
Heere die belgische Grenze überschritten hatten. Und wie 
sie dort empfangen worden waren. Die Morgenblätter, 
die wir unterwegs erhielten, meldeten grausige Geschichten 
von einem Franktireurkriege, der Siebzig in Schatten 
stellte. Von Geistlichen, die bewaffnet an der Spitze der 
Freischärler kämpfen. Von heimtückischen Überfällen auf 
Patrouillen und Posten, die man später mit auege- 
stochenen Augen und abgeschnittenen Zungen gesunden. 
Von vergifteten Brunnen. Von Überfällen auf unsere 
Trainkolonnen. Ein erster Pesthauch des Krieges, dieses 
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