Volltext: Vormarsch

Alles liegt in tiefer Erschlaffung. Kein Scherz, kein 
Scheltwort. Stumpfsinn, lähmende Gleichgültigkeit. 
Da knallt's ringsum los. Was ist? ein Angriff?! 
Nein: nur ein Flieger. Ein Feind. Ganz deutlich erkennt 
man die blau-weiß-roten Ringe. Er schwebt dicht über 
uns in etwa sechshundert Meter Höhe. Frechheit! Ma¬ 
schinengewehre tacken, viel hundert Kolben fliegen an die 
Wangen der jählings Emporgeschnellten. Es scheint ihn 
nicht zu stören. 
Zwei Schreie aus einmal, wenig Schritte neben mir: 
zwei Verwundete, nicht von meiner Kompagnie. Ob sie 
von eigenem Abwehrgeschoß getroffen? ob der Flieger 
sich das Vergnügen gemacht hat, seine Pistole nach unten 
abzuschiehen? Das Bombenschmeißen war damals noch 
nicht in Mode gekommen bei den Herren. Ein paar Schrap¬ 
nells machen ihm das Bleiben ungemütlich. Er schnurrt 
von dannen — nach ... Norden. Unser Marsch dürste 
ihm kein Geheimnis mehr sein. 
Weiter! weiter! 
Die Sonne sinkt, es wird Nacht. Wo sind wir eigentlich? 
Irgendwer behauptet: wir sind in der Nähe von Meaux 
— und Meaux liegt vierzig Kilometer von Paris entfernt. 
Also doch noch Vormarsch. 
Ein Forst nimmt uns auf. Es wird rabenfinster um uns. 
Droben zwischen den Wipfeln ein schmaler Streifen Sil¬ 
berstickerei aus Blauschwarz. Leuchtet ihr noch — Sterne?! 
Es ist unmöglich, die Marschordnung aufrecht zu erhal¬ 
ten. Man sieht ja nichts. Man ahnt nur: die Kompagnie 
geht aus dem Leim. Man schilt, man mahnt, versucht 
Witze zu machen. Kein Echo, kein Laut: nicht Lachen noch 
Murren: bleierne Stille, nur das eintönige Trappsen von 
vielen hundert marschwunden, todmatten Füßen. 
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