Volltext: Kriegserlebnisse ostpreußischer Pfarrer 2. Band (2. Band / 1915)

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tern vom Waldrands aus mehrere niederzuschießen. Am 
10. August ging die Domäne Sodargen in Flammen auf, 
nachdem vorher die Post zerstört worden war. Auch viele 
andere Dörfer in der Umgegend sahen wir brennen. Als 
die Russen auch Gr. Daguthelen, 3 km vom Kirchort ent 
fernt, in Brand gesteckt; als wir erfuhren, daß Verwandte 
unserer Kirchspielsinsassen von ihnen hingemordet waren, 
ergriffen auch wir beim Nahen des Feindes die Flucht 
am Montag, den 17. August, nachmittags ZV2 Uhr. Der 
Pfarrer von Gr. Warningken und seine Angehörigen ent 
gingen mit knapper Mühe und Not den Russen in Pill- 
Lallen, erhielten dann aber seitwärts beim Durchfahren 
einer Strecke von etwa 2 km Schnellfeuer, bis sie in einem 
Wäldchen Schutz fanden. 
Auf ihrem Rückzüge im September brannten die 
Russen das Gut Gr. Tarpupönen nieder, schleppten auch 
recht viele Männer und Knaben über die Grenze. 
Am 26. September kehrte der Pfarrer zurück. Und 
das kirchliche Leben ging trotz des beständigen, nahen 
Donners der Kanonen seinen Gang, wie in Friedens 
zeiten. Auch die tzerbstkonfirmanden konnten eingesegnet 
werden. 
Da kani Anfang November 1914 der zweite Russenein 
fall. Nun flohen auch alle, die bei der ersten Invasion 
daheim geblieben waren. Pfarrer Schulz begab sich am 
8. November mit seinen Angehörigen zunächst nach Bud- 
schuhen im Kirchspiel Küssen, vollzog dort Beerdigungen 
und taufte ein Flüchtlingskind seiner Gemeinde. Ge 
legentlich seiner nochmaligen Rückkehr nach Gr. War 
ningken hielt er am 10. November dem dort liegenden 
Militär auf dringenden Wunsch des Oberstleutnants einen 
Gottesdienst. Die Schützengräben unserer Truppen be 
fanden sich wenige Meter östlich von der schönen Kirche 
und nicht viel weiter vom Pfarrhaüse. Am 12. November 
sandten die Russen von zwei Seiten ihre Granaten in den 
Kirchort, die den Kirchturm arg beschädigten. Recht viele 
Häuser im Kirchort wie in den übrigen Ortschaften wur 
den verbrannt. Aus dem Pfarrhaüse und den übrigen 
Wohnungen wurden alle Möbel, Betten, Wäsche usw. 
non der polnischen Grenzbevölkerung nach Rußland ge-
	        
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