Volltext: Kriegserlebnisse ostpreußischer Pfarrer 2. Band (2. Band / 1915)

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erlitten hätten. Diese hatten, vermöge ihres großartigen 
Eisenbahnnetzes mit überraschender Schnelligkeit 2 weitere 
Armeekorps und viel schwere Artillerie herangeschafft, mit 
letzterer namentlich hätten sie ihnen großen, schweren Scha 
den zugefügt. Samsonow, einer der Befehlshaber in Ost 
preußen und 2 andere Generäle wären gefallen. — Der 
Oberkommandiernde bitte Gott um gnädigen Beistand. Es 
mußte also doch — so viel wurde uns klar — um die 
Sache der Russen nicht besonders gut stehen. Tatsächlich 
machten sich auch bei uns sehr bald die ersten, sichtbaren 
Anzeichen hierfür geltend. Russische Bahnbeamte hatten 
sich schon des öfteren in dem Sinne geäußert, sie würden 
wohl nicht mehr lange hier sein, und siehe da — am 
10. September kam auch bereits eine größere russische Ab 
teilung in eiliger Flucht durch unsere Stadl und zog 
weiter nach der Grenze zu: eine lange Reihe von Ba 
gage-, Munitionswagen usw., etwas Artillerie, sodann 
hinterher die Infanterie, letztere totmüde, abgehetzt, und 
zum Schluß als Deckung einige Schwadronen Kosaken. 
Die letzteren ritten nicht gleich weiter, sondern blieben 
noch einige Stunden in unserer Stadt und ließen es sich 
angelegen sein, zu plündern, zu stehlen und die Bevöl 
kerung in Angst und Aufregung zu versetzen. — Einen 
Lehrer aus der Umgegend, der in seiner Freude über das 
Erscheinen eines deutschen Fliegers diesem mit dem 
Taschentuch zugewinkt hatte, hatten sie nach der Stadt 
mitgenommen, unterwarfen ihn wie auch 2 Besitzer aus 
demselben Ort einem strengen Verhör und bedrohten sie 
mit Erschießen. Ähnlich erging es einem Herrn aus der 
Stadt, auf dessen Hause jemand Ausschau gehalten haben 
sollte und einem jungen Mann, der nichts Schlim 
mes ahnend in ein Hotel gegangen war, um zu Mittag 
zu speisen. Sie wurden ohne jeden Grund von dem Ko 
sakenrittmeister als Spion verdächtigt und mehrere Stunden 
lang unter strenger Bewachung gehalten. — Schließlich 
aber ließ man die also Bedrohten doch wieder laufen. — 
Am Nachmittage, um 3 Uhr etwa, kam in die Schwa 
dron, die als Nachhut zurückgeblieben war, eine große Un 
ruhe. Man merkte: es war den Kosaken in unserer Sta^t 
nicht mehr geheuer. Einer nach dem andern saß auf, sprengte
	        
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