Volltext: Kriegserlebnisse ostpreußischer Pfarrer 2. Band (2. Band / 1915)

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doch nur alles, was er für seine Soldaten brauchte, Holz, 
Heu, Stroh usw. freiwillig heranschasfen, damit er die 
Leute nicht in die Häuser zu schicken brauchte und dadurch 
noch mehr Aufregung entstände. — Gottesdienst konnten 
wir halten, so oft wir wollten. Nach 8 Uhr durfte aber 
niemand mehr sich auf der Straße zeigen. Er hoffe, daß 
sich die Bewohner der Stadt allen Feindseligkeiten gegen 
seine Truppen enthalten würden. — Dieser Mahnung 
bedurfte es nicht mehr, da bereits seitens des zweiten 
Stadtoberhauptes eine diesbezügliche Aufforderung er 
gangen und an den Straßenecken angeschlagen war. — 
Ein Leutnant dieser Kosakenschwadron soll übrigens es 
schmerzlich bedauert haben, — fast gerührt gewesen sein, 
daß er nun verpflichtet sei, gegen die Deutschen, mit 
denen er in Südwestafrika zusammengestanden und Waffen 
brüderschaft geschlossen, zu kämpfen. 
An diesem Tage, als die Kosakenschwadron in un 
seren Mauern weilte, geleiteten wir die letzten der kurz 
zuvor gefallenen Dragoner zu ihrer letzten Ruhe. In stiller 
Wehmut gedachten wir dieser ersten Opfer, die der Krieg 
gefordert, und auch ihrer Angehörigen, die noch nicht 
ahnten, daß ihre Lieben bereits den Tod fürs Vaterland 
erlitten und in ostpreußischer Erde zum letzten Schlummer 
gebettet wurden. Zugleich mit unseren Dragonern wurde 
auch ein gefallener Kosak beerdigt. Dazu hatten sich 
mehrere Kameraden desselben, auch ein Bruder von ihm 
eingefunden. — Bei dieser Gelegenheit spielte sich fol 
gende kleine Szene ab. — Ich war, bereits in Amtstracht, 
im Begriff, mit dem Totengräber zusammen nach dem 
Friedhof zu gehen. Plötzlich sehen wir uns — kurz vor 
dem Tor unsers Friedhofs — von einigen Kosaken um 
ringt, die uns nicht weiter lassen wollen. — Was hatte 
das zu bedeuten? Führten sie etwas Böses im Schilde? 
Nein das war es nicht. Wie sich erst nach längerem 
Verhandeln herausstellte — die Verständigung war eine 
sehr schwierige, da die Kosaken weder deutsch noch pol 
nisch verstanden, und nur durch Zeichen und tzaudbe- 
wegungen möglich — hatten sie einen im Grunde ganz 
bescheidenen Wunsch. Sie wollten nur etwas Holz, oa- 
zu eine Säge und schwarze Farbe — wegen der letzteren
	        
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