Volltext: Kriegserlebnisse ostpreußischer Pfarrer 2. Band (2. Band / 1915)

unsere Stadt hätte wie so viele andere Orte schwer büßen- 
müssen. 
Noch war sie immer glücklich verschont geblieben. Auch- 
das Gerücht, das bald nach dem 14. August auftauchte und 
durch alle Zeitungen ging, unser Städtchen wäre ein Raub 
der Flammen geworden, bewahrheitete sich erfreulicher 
Weise nicht. Es war wohl, soweit ich sehe, darauf zurück 
zuführen, daß die russische Kavallerie bei ihrem Abzüge: 
ein Gebäude in unmittelbarer Nähe der Stadt in Brand 
gesteckt hatte. Der aufsteigende Rauch, der Feuerschein 
mag wohl etliche Flüchtlinge zu der Annahme ver 
anlaßt haben, die ganze Stadt stehe in Flammen. — 
Nachdem am 17. August zum zweiten Male in un 
mittelbarer Nähe von Marggrabowa gekämpft worden: 
war, hielt es die Mehrzahl der noch anwesenden Be 
wohner unserer Stadt für geraten, dieselbe so schnell als 
möglich zu verlassen. Ein Teil, nur noch ca. 2—300, 
blieben zurück, fuhr mit der Bahn nach Goldap-Inster- 
burg zu, die andern nach Lyck. Die letzteren kamen leider 
aus dem Regen unter die Traufe; denn in Lyck waren: 
bereits die Russen in großen Massen eingedrungen, hatten, 
von der Hauptstadt Masurens mit unverhohlener Freude 
Besitz ergriffen und machten sich bereits Pläne, wie 
sie sich daselbst häuslich einrichten, wo sie wohnen würden 
usw. Allgemein hörte man nachher, Lyck hätte ihnen ge 
fallen und die Offiziere sollen erklärt haben, Lyck müsse 
später nach Friedensschluß russische Gouvernementsstadt 
werden. — Unsere armen Flüchtlinge aus Marggrabowa 
waren aber jetzt sehr übel daran. Die Häuser ziem 
lich alle von den Russen besetzt; die Lebensmittel 
knapp und teuer. Was sollten sie da nun in Lyck 
anfangen! — So legten denn viele von ihnen, nachdem 
sie von russischen Offizieren eine entsprechende Ausweis- 
Bescheinigung erhalten hatten, unter Führung eines hie 
sigen Herrn, dem - ein russischer General für alle Fälle 
noch eine besondere Legitimation mit Namensunterschrift 
und Stempel mitgegeben hatte, den 5 Meilen weiten 
Weg nach Marggrabowa zu Fuß zurück und waren froh 
und glücklich, daß sie wieder daheim waren. An Be 
lästigungen durch Kosaken, an Hemmnissen mancherlei Art 
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