Volltext: Kriegserlebnisse ostpreußischer Pfarrer 2. Band (2. Band / 1915)

224 
legenheit sind auch 5 Russen getötet und an der Bahn 
strecke Sporkehnen-Oberhaide begraben worden. Ein 
solcher Reitertrupp begegnete am Morgen des 31. Aug. 
einer Anzahl von Leuten aus Stollen, die mit der Dampf 
dreschmaschine nach dem Vorwerk Karneyen (etwa drei 
Kilometer von Liebstadt) unterwegs waren. Diese, die 
Russen für Österreicher haltend, von deren Erscheinen in 
Ostpreußen damals immer geredet wurde, grüßten jene 
freundlich und riefen ihnen zu: „Das ist recht von Euch, 
daß Ihr uns helfen kommt die Russen aus Ostpreußen 
verjagen." Die russischen Dragoner sollen lachend über 
diesen unerwarteten Beweis der „Bundesbrüderlichkeit" 
quittiert haben. 
Am Nachmittag des 31. August kam es dann zu 
einem Gefecht bei Wormditt zwischen den russischen und 
unterdessen herangezogenen deutschen Truppen (ein In 
fanteriebataillon, Husaren und etwas Artillerie), das für 
die Russen ungünstig verlief. Sie zogen sich danach in 
nordöstlicher Richtung zurück. Auf jeden Fall hat aber 
die Nachricht, die Russen seien in Wormditt und Gutt- 
stadt, am Sonntag, den 30. August in Liebstadt und Um 
gegend eine gewaltige Panik verursacht. Umsomehr, als 
wir es nach der am Freitag, den 28. spät abends be 
kannt gewordenen Nachricht von dem gewaltigen Siege 
bei Tannenberg gar nicht begreifen konnten, daß uns nun 
die Gefahr so nahe sein könnte. Am Vormittag hatten wir 
in der bis auf den letzten Platz gefüllten Kirche einen 
herrlichen Dankgottesdienst in Anwesenheit der meisten 
evangelischen Angehörigen des erwähnten Kriegslazaretts 
und der dienstfreien Landsturmleute eines hierher zu 
rückgegangenen Allensteiner Landsturmbataillons gefeiert, 
und am Nachmittag verließ der größte Teil der Bevölke 
rung in eiliger Flucht die Heimat. Freilich hatte schon 
das am Sonnabend, den 22. August, eingetroffene Tele 
gramm, wonach sämtliches Vieh und das ausgedroschene 
Getreide über die Weichsel gebracht werden sollte, die 
größte Beunruhigung hervorgerufen. Und als dann, etwa 
vom 23. August ab, Scharen von Flüchtlingen aus den 
Grenzkreisen der Provinz die Stadt durchzogen und mehr 
oder weniger wahre Schauergeschichten von russischen
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.