Volltext: Kriegserlebnisse ostpreußischer Pfarrer 2. Band (2. Band / 1915)

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eine Stunde würde er kaum brauchen; in unserer Nähe 
sind drei wichtige Eisenbahnbrücken. — 
Wie manchmal bin ich, besonders, als ich hier tage 
lang allein war und wenige Leute im Dorfe, nachts er 
wacht; es mag der Hund ums Haus gelaufen oder ein 
anderes Geräusch entstanden sein. Da dachte ich dann: 
„So, also da sind die Russen ja; na, einmal mußten sie 
doch wieder kommen! Lauge genug hat man Ruhe vor 
ihnen gehabt und war für jeden Tag und jede Nacht 
ohne Äberfall dankbar." — 
Flieger sah und sieht man fast täglich. Aber 
Willenberg, einem völlig unbefestigten Städtchen, vierzig 
Kilometer von hier, sind zweimal russische Fliegerbomben 
gefallen. Eines der Flugzeuge wurde zur Landung ge 
zwungen und entpuppte sich als ein deutsches, das kurz 
vorher in Russenhände gefallen war. — Am 18. und 
19. April warf ein feindlicher Flieger Bomben über 
Schornau und Illowo, am 20. April morgens, hörten 
wir zwei starke Detonationen in der Gegend von Soldau. 
Doch wohl Sprengung sogenannter Blindgänger, aufge 
fundener russischer Granaten, die nicht explodiert waren. 
Dergleichen war nichts Neues. Da begann aber ein 
heftiges Gewehrfeuer und gleich darauf sah man auch 
den Flieger, eine recht große Kriegsflugmaschine von 
gelblicher Farbe. Der Flieger kreiste etwa viermal über 
der Stadt. Sobald er in der Nähe des Bahnhofs war, 
blitzte es oben auf und dann kam unten der Krach, zwei-, 
auch viermal nacheinander, im ganzen mehr als 12 Bom 
ben. Eine schlug in den Kessel einer Lokomotive, eine 
in ein Haus, eine in die Nähe der Kommandantur (wie 
hat der Feind die Lage derselben gekannt?!). Ein Eisen 
bahner war tot, mehrere verwundet. Die Aufregung in 
der Stadt war groß; keine Frau war auf der Straße, da 
gegen viele Männer, die jedoch in die Häuser flüchteten, 
sobald das Aufblitzen oben sichtbar wurde. Viele sollen 
— die Hände über dem Kopfe gehalten haben und ge 
bückt gelaufen sein. Die Ersten, die in die Häuser liefen, 
waren die russischen Gefangenen, die bei der Straßen 
reinigung und Aufstellung von Zäunen beschäftigt waren. 
Die Detonationen waren sehr stark; das Haus erzitterte;
	        
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