Volltext: Kriegserlebnisse ostpreußischer Pfarrer 2. Band (2. Band / 1915)

teilnahmen. Ebenso konnten wir am Sonntage unseren 
Abendmahlsgottesdienst unbehelligt feiern. Obwohl viele 
Häuser noch leer stehen, da die Bewohner zum Teil in 
der Stadt oder auf der Nehrung sich befinden, gab es 
doch täglich Amtshandlungen zu verrichten. Leider hatten 
wir in den Tagen, als die Russen Memel besetzt hielten, 
auch unliebsame Erfahrungen zu machen. Die russischen 
Arbeiter auf den bei Deutsch-Crottingen liegenden Gütern 
benutzten die Gelegenheit, um sich aus den leer stehen 
den Gasthäusern zu bereichern. Jedoch da einzelne ordent 
liche Minner aus den Nachbardörfern das Vieh besorg 
ten und in der Nähe waren, konnte das diebische Ge 
sindel sich nur an den zurückgebliebenen Getränken schad 
los halten. In Abwesenheit der Gasthofbesitzer wurden 
unter meiner Aufsicht von zwei dem Kirchenvorstande an- 
gehörigen Mitgliedern einzelne Waren wie z. B. Salz, 
Petroleum, Farin, woran die Bewohner Not litten, ord 
nungsmäßig verkauft. Allmählich werden hoffentlich mit 
Gottes Hilfe bald wieder geordnete Zustände einkehren. 
Meine bemerkenswertesten Kriegs 
erlebnisse 1914. 
Von Pfarrer Penschuck-Mehlauken, Kreis Labiau 
(Ostpreußen). 
„O Krieg, wie bitter bist du," so möchte ich mit einer 
kleinen Variation jenes bekannten Wortes beginnen, wo 
ich mich anschicke meine schwersten Kriegserlebnisse der 
Öffentlichkeit zu übergeben, bitter nicht nur für diejenigen, 
welche ihre Lieben daheim und Haus und Hof plötzlich 
verlassen, und nun in diesem blutig grausamen Kriege 
vor dem Feinde jeden Augenblick dem furchtbarsten Tode 
ins Auge sehen müssen, sondern ganz gewiß bitter auch 
für diejenigen, welche aus äußeren oder inneren Grün 
den sich gedrungen fühlten auf ihrem Posten zu ver 
harren und nun ohnmächtig der Willkür und dem Äber-
	        
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