Volltext: Die Ostalpen und Österreich

WIENER BE CKEN UND WIEN 
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Wicklung des Wiener Beckens und seiner Ränder wurde durch seinen Reichtum 
an Holz und Wasserkräften, vor allem aber durch die überaus günstige Verkehrs 
lage gefördert. In seinem Raume schneiden sich zwei europäische FJauptverkehrs- 
linien, der Weg von Süddeutschland nach dem Osten und die Verbindung von 
Ostsee und Adria. 
Der regen industriellen Tätigkeit entsprechend ist die Volksdichte des Wiener 
Beckens sehr groß, und namentlich an seinem Westrande reiht sich eine große Sied 
lung an die andere. Die Orte am Ostrand liegen abseits vom großen Durchgangs 
verkehr und sind daher kleiner gebheben. In der Mitte des Beckens selbst 
liegt als einziger bedeutender Ort Wiener-Neustadt (37 000 Einw.). 
Was bezüglich der Verkehrslage dieser ganzen Landschaft im allgemeinen gilt, 
trifft in besonderem Maße für Wien, seine größte Bevölkerungsanhäufung, zu, 
die sich an der Eintrittsstelle der Donau in das Becken entwickelt hat, angelehnt 
an die Ausläufer des Wienerwaldes, in einer nicht nur verkehrsgeographisch her 
vorragenden, sondern auch landschaftlich überaus reizvollen Lage. Schon zur 
Römerzeit war hier eine Siedlung erwachsen, die aber an Bedeutung und Größe 
weit hinter dem mittelalterlichen Wien zurückstand, das als Bollwerk gegen Osten 
in der Abwehr der gegen die westliche Kultur andrängenden Steppenvölker eine 
hohe Aufgabe zu erfüllen hatte. Besonders in den schweren Zeiten der Türken 
kriege hat es zweimal den gegen das Abendland gerichteten Stoß erfolgreich 
auf gehalten. 
Seine Lage an der Verbindung der drei wichtigen Ländergruppen, Alpen-, Sudeten- 
und Karpathenländer, die zur großen österreichisch-ungarischen Monarchie ver 
einigt waren, bestimmte es zu deren natürlichem Mittelpunkt. Als Hauptstadt 
dieses großen Reiches und besonders als Kaiserstadt erreichte Wien seine größte 
Blüte, die in zahlreichen prunkvollen Bauten im Stadtbild auch ihren äußeren 
Ausdruck fand, durch die es zu einer der schönsten Großstädte der Welt umge 
staltet wurde. Um so schwerer wurde es durch den Zerfall der Monarchie getroffen, 
durch den es sich mit einem Schlage seiner hervorragenden Stellung als Mittel 
punkt einer Großmacht beraubt und an den Rand eines kleinen Staatswesens 
gerückt sah, dessen Lebensbedingungen die denkbar ungünstigsten waren. Wenn 
sich aber Wien trotz der Einengung durch die in nächster Nähe verlaufenden 
Staats- und Zollgrenzen und die gewaltsame Zerreißung der wirtschaftlichen Fäden, 
die es mit den neuen Nachfolgestaaten verknüpft hatten, im allgemeinen behaupten 
konnte, so ist das vor allem der unvermindert gebliebenen Gunst seiner geographi 
schen Lage zu danken, die es auch weiterhin zur naturgegebenen Vermittlerin 
zwischen Westen und Osten in kommerzieller wie kultureller Hinsicht macht. 
Trotz der Hungerjahre in und nach dem Weltkrieg hat es sich auch seinen Weltruf 
als Pflegestätte von Kunst und Wissenschaft ungeschmälert bewahren können. 
Die Einwohnerzahl ist zwar nach dem Kriege etwas unter 2 Milhonen herunter 
gesunken, beginnt sich aber dieser Zahl schon wieder langsam zu nähern. Damit 
ist Wien nach wie vor die zweitgrößte deutsche Stadt. Im Vergleich zum kleinen 
Österreich ist seine Bevölkerungszahl ganz unverhältnismäßig groß, denn sie 
macht volle 29% der Gesamtbevölkerung aus. Welch überragende Stellung es 
im österreichischen Wirtschaftsleben einnimmt, wird vielleicht am trefflichsten 
durch die Tatsache gekennzeichnet, daß die Ausfuhr von Wiener Erzeugnissen 
79% der Gesamtausfuhr des ganzen Landes beträgt.
	        
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