Volltext: Das Bevölkerungsproblem Oesterreichs

Das Bevölkerungsproblem in Oesterreich. 
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man heute unsere Statistiken, so wird man diese Zeiterscheinung nicht 
nur in der Form antreffen, daß beide Teile eines Ehepaares berufsausübend 
sind, sondern auch, daß viele, und zwar nicht nur Ehegatten, sondern auch 
sehr viele Junggesellen, neben ihrem Hauptberuf noch einen anderen 
Erwerb besitzen, der sehr häufig so besoldet ist, daß er an sich als Haupt 
beruf genügen würde. Welche Begründung und Entstehung jeder Einzelfall 
auch haben mag, die meisten sind schlechthin privatwirtschaftlichen Be 
strebungen entsprungen und deshalb eben gerade heute mit der Lage 
unserer Volkswirtschaft auf keinen Fall vereinbar. Vor allem aber sind 
sie dazu angetan, die Lage unserer Gebildeten bedeutend zu erschweren. 
Vielfach wirken sie auf die Entlohnung drückend, in erster Linie aber 
unterbinden sie die Unterbringungsmöglichkeit des jungen Nachwuchses. 
Außerdem greift 1 heute diese schwerwiegende Zeiterscheinung auch bereits 
auf das Gebiet der manuellen Arbeit über, was zur Besorgnis noch mehr 
Anlaß gibt. Wenn man bedenkt, daß Oesterreich einer gewissen Zuwachs- 
quote keinesfalls entraten kann, daß diese Quote überdies ein von den 
Nachbarstaaten diktiertes, ziemlich hohes Ausmaß haben muß, vor allem 
aber, daß es einen sicheren Bestand von geistiger Produktionskraft braucht, 
damit es seiner nationalen Aufgabe auch weiterhin Genüge leisten kann, 
so wird es keinem Zweifel unterliegen, daß alle Mittel, die derzeit zur 
Wahrung seiner Leistungsfähigkeit erreichbar sind, auch angewendet 
werden müssen. Und eines dieser Mittel ist entschieden die größtmöglichste 
Beschränkung dieses Parasitentums der Doppelversorgung. In der richtigen 
Erkenntnis dessen, daß hier eine Aenderung erfolgen muß, hat man, wie 
man sich noch erinnern wird, schon einmal den Versuch gemacht, dem 
Uebelstande beizukommen, und zwar durch das geplante Pensionsstill 
legungsgesetz. Doch leider ist es damals aus politischen Motiven nicht 
zur Ausführung gekommen. So wie die Dinge aber heute liegen, wo die 
Erscheinungen bereits derart bedenkliche Gestalt anzunehmen drohen, wird 
man sich ernstlich damit zu beschäftigen haben, dem Weitergreifen durch 
gesetzliche Bestimmungen zu steuern. 
Ein weiteres Problem, das ebenfalls schon lange einer gründlichen 
Behandlung harrt, ist das Einwanderungsproblem. Die Schwierigkeiten, 
die sich einer Lösung hier entgegenstellen, sind nicht zu verkennen. Oester 
reich ist ja bekanntlich durch den Vertrag von St. Gennain zu einer 
Duldsamkeit gezwungen, die ihm zum Verhängnis zu werden droht. Wenn 
es mit Rücksicht auf die Bindung schon nicht möglich ist, die Fragen 
durch gesetzliche Bestimmungen zu regeln, und zwar durch eine Art Ein 
wanderergesetz, so soll doch wenigstens getrachtet werden, Ausländem die 
Berufsausübung bis zum äußersten, auf jeden Fall viel mehr als heute 
zu erschweren. Privatwirtschaftliche Rücksichten müssen bei der Frage 
unbedingt zurückgestellt werden. So unerläßlich solche oder ähnliche erfolg-
	        
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