Volltext: Kriegs-Kalender für das Jahr 1917 (1917)

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Und heute — rot« sah <esheute aiuutnen 
bei Sahlings Mutter? Ljsd> 
Vor einigen Wochen hatte sie an Fraiimit d< 
ein Paket abgesandt. Was ihre fletfetgei da 
Hände in den einsamen Abendstunden schaffe C 
ten. daran sollte er sich erfreuen. Und «der hl 
Speck und Schinken vom letzten Schwein. (Eijjf,r £ 
dräuend aufzog, als des Deutschen Reiches Brief ging gleichzeitig ab. Und dieser Bri^hen, 
Schicksalsstunde manch hartes Herz weich häm- war heute, am Tage vor Weihnachten, z» g 
merte. da hatte sie selbst die Hände der bei- rückgekommen. Mit Blaustift hatte eine g« z 
diese Freierei anfangs wirklich nicht gerne 
gesehen. Daraus machte sie durchaus kein 
Hehl. Denn die Line war arm, und der 
Erbe des Sahlinghofes konnte ganz andere 
Ansprüche machen! In ihrem Mutterstolz hatte 
sie das dem Franz oft genug vorgeredet. 
Als aber das Kriegsgewitter so urplötzlich 
den Liebenden mein* 
ander gelegt. Und 
an Franzens leuchten- 
den Blicken merkte 
die alte Frau, daß er 
trotz des herben 
Scheideschmerzes glück- 
lich war. Wäre ihr 
etwas zu groß oder 
zu schwer gewesen, 
ihm das Scheiden zu 
erleichtern? 
Voll froher Zu- 
verficht zog er in den 
Kampf: „Sei nur 
ganz ruhig, Mutter", 
so sprach ihr großer 
Junge: ..wir wollen 
all die Völker, die 
uns an den Kragen 
wollen, gehörig ver- 
hauen. Dann gibt es 
bald Frieden im 
Land. Und unser lie- 
ber Herrgott soll uns 
wohl helfen. Dafür 
werdet ihr alle, die 
ihr daheim bleibt, 
aus ganzem Herzen 
beten. Ich komme 
ganz sicher wieder. 
Das glaube ich be- 
stimmt!" 
Nun waren bei- 
übte Hand dara«! diesew 
den Vermerk geschch Mu 
b?n: Den HeldeM dräng 
fürs Vaterland g« »oni 
fallen. ^ch 
So wenig Word rück? 
nur! Und doch wch Christ 
enie Fülle DotiUrütf; 
Schmerz umschlösse, j 
sie! Gefallen Ü W«f 
Feindesland! Haid fremd 
eine Kugel das jung, nicht 
Herz getroffen? Haiti tapfe, 
eine Granate ihm den für 
Lebensfaden abg» der 
schnitten? Hatte «Hos. 
noch lange leiden nchHeim 
sen, bevor der Toi und ' 
ihn hinraffte? Mi ; 
war sein Grab? W jerte 
mals würden liebend« dem 
Hände den Hüge! grobe 
schmücken, unter dt» vor 
ihr Junge im Todes Dam 
schlaf ruhte. ... die 
Auf der Diel« um ! 
war die Abendarbeil sttmrr 
beendet. In k nicht 
Milchkammer schrillt! hatte 
die Zentrifuge. Höh auch 
schuhe klapperten. MOpfe 
Mägde sprachen leise. 
Sie fühlten es im des ( 
r s +t. tt. ^ t. In ihrem Kämmerlein lag Line Weß- ^ 
" ling auf den Knien. Sie hatte den Kopf f.f 3Ä, 
mzrm chen verstrichen. {t1 ahi. ^.bettet Ien durch dieses Haus meu 
Mutter m m*>anoe flCoeiKI* Und morgen mVolk 
Weihnachten! wird^ 
Müde stand die Bäuerin auf. Unschliij- der 
sig blieb sie in der Mitte der großen KODavi 
stehen. Dann schritt sie langsam zum WoM 
zimmer. Sie wollte allein sein. , ?chn 
Eine kleine Lampe beleuchtete notdürHemen 
Sahlings 
regte fleißig die 
Hände. Die Arbeitskräfte wurden immer 
rarer. Da gab es nicht viel Zeit zum Erü- 
beln und Jammern. Es mußte geschafft wer- 
den, damit der große Hof nicht allzusehr litt. 
Von Zeit zu Zeit kamen Franzens Briefe, 
die ihr Kunde brachten, daß er noch wohlauf den behaglichen Raum. Man mußte aar ftwAiich 
war. Und wenn sich der Krieg auch noch sam mit dem Petroleum umgehen. Im SÄ lcmd 
so lange dehnte; einmal mußte er ein Ende 
nehmen. Eine Welt von Feinden brach im 
wütenden Ansturm gegen die verbündeten Kai- 
sermächte zusammen. 
lenofen prasselten die Buchenscheite. Ätn ben 
blank gescheuerten Eichentische ließ die Bäuer« Itorb 
sich nieder. Mit zitternden Händen griff IMub 
nach dem alten Gebetbuche, das ihr in mani*«w
	        
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