Volltext: Kriegs-Kalender für das Jahr 1917 (1917)

Mekehrt. Da er nach Weissensee ins Forst- 
Haus hatte gehen wollen, so befürchtet der 
Vater, daß ihm auf dem Heimwege im Walde 
jei dem furchtbaren Gewitter vielleicht ein 
Unglück zugestoßen sei, und hatte in seiner 
Besorgnis alle seine Leute aufgeboten, ihn 
ju suchen. Jetzt kamen die nach Weissensee 
Mickten Männer schneller, als man erwar- 
tet hatte, zurück. Sie hatten Unterwegs den 
jungen Mann gefunden — abseits im Ge¬ 
büsch liegend — als Leiche. Ein« ftugel war 
ihm mitten durch die 
Brust gegangen. 
Das war ein 
schwerer Schlag für 
den armen Vater. 
Der alte Herr war 
liierst von der Wucht 
des Unglücks voll- 
Itinbia niedergeschmet¬ 
tert. Doch als der 
«sie, so plötzliche 
Schreck, der stets läh- 
mend auf das Gemüt 
wirft, vorüber war, 
drängte sich ihm die 
Frage auf: Wer hats 
tetan, wer war der 
Mörder? 
Der herbeigerufene 
Arzt stellt fest, daß 
der Tod unmittelbar 
«ach dem Schusse er- 
folgt war, das war 
«or ungefähr sieben 
bis acht Stunden ge- 
«esen. Also war der 
Mord zwischen zehn 
md elf Uhr abends 
Mehen. Ferner 
jagte der Nachtwäch¬ 
ter aus, er habe den 
imgen Lautenhammer 
segen elfeinhalb Uhr 
abends heimkommen 
sehen. Weil aber die 
Stelle, an der das 
unglück geschehen, ungefähr ein« halbe Stunde 
«on Eossenreuth entfernt lag, so mutzte der 
aorstgehilse gerade zur Zeit des Mordes dort 
müber gegangen sein. Da nun der junge 
Miesbach am gestrigen Nachmittag im Forst- 
Aus zu Weissensee gewesen und jedermann 
M zu genau den Groll der beiden Neben- 
«»hier gegen einander kannte, so fiel der Ver- 
wcht natürlich sogleich auf Franz Lauten-- 
Hammer. 
„Gut",- sagte der Wachtmeister der Gen- 
darmerie, der natürlich sogleich herbeigeholt 
x.Gott zum ©rufe; Schatz!" rief er und 
winkte mit dem grünen Jägerhut hinüber. 
worden war, und sich alles sorgfältig auf- 
notiert hatte. >,Das sind so schwerwiegende Ver- 
dachtsgründe, datz wir zur Verhaftung des 
Forstgehilfen schreiten müssen." 
Er sandte sofort zwei Polizisten ab, um 
ihn im Forsthaus seines Vaters festnehmen 
zu lassen. Sie kehrten jedoch unverrichteter 
Sache zurück, und berichteten, datz nach den 
Angaben des Försters der Beschuldigte schon 
ganz früh in das Revier gegangen und jetzt 
wahrscheinlich in Weissensee sei. 
Da mutz die 
dortige Gendarmerie 
sogleich benachrichtigt 
werden, meinte der 
Wachtmeister? und kur- 
ze Zeit darauf war 
die Polizei in Weis- 
sensee von der gan- 
zen Sachlage telegra- 
phisch unterrichtet. 
III. 
Goldig war an 
diesem Morgen der 
Feuerball der Sonne 
emporgestiegen und 
überflutete mit seinen 
Strahlen das anmutig 
gelegene Dörfchen 
Weissensee und den 
Wald. Das letzte 
Haus, etwas abseits 
gelegen und fast ganz 
im Waldesgrün ver- 
steckt, war das traute 
Heim des Försters 
Bork. Ein schmucker, 
von roten Ziegeln 
aufgeführter Bau mit 
drei Fenstern Front 
nach dem Walde zu, 
war sein kleines Reich. 
Dort wohnte er mit 
seiner Frau und sei- 
nen zwei Kindern, der 
lieblichen Tochter He- 
lene und dem munteren, frischen Hansel. Hinter 
dem Hause befand sich der kleine Garten, 
mit den wohlgepflegten Obstbäumen und lan- 
gen Gemüsebeeten. Zwischen ihnen zogen sich 
schmale, kiesbeworfene Wege hin, die zu bei- 
den Seiten mit Stachel- und Johannisbeer- 
sträuchern eingefatzt waren. Eine Rosenlaube 
und eine grüne Bank unter einem schattigen 
Fliederbusch, boten lauschige Plätzchen. Dies 
war des Försters Paradies, hier schaltete er 
als unumschränkter Herr und Gebieter. Das 
heitzt. doch nicht ganz, denn der kleine Han¬
	        
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