Volltext: Kriegs-Kalender für das Jahr.... (1916)

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Leben verdorben! Ich lehrte ihn, in Euch 
Feinde sehen — ich allein!" 
„Dann sind wir's eben, für ihn wie für die 
andern — und er stirbt, wie die anderen Meu¬ 
chelmörder!" Das klang eisern. 
„Nein — nein — töte ihn nicht, er ist 
jung, er hat ein Recht auf das Leben — mich 
— nimm mich — aber ihn laß frei, sieh ihn 
doch an: er ist Dein Sohn! Francois, töte 
ihn nicht!" Sie umklammerte voll Verzweif¬ 
lung seinen Arm. 
In Oehlers tobte ein furchtbarer Kampf. 
Das Weib hatte er einmal geliebt, dieses arme, 
verstörte Geschöpf, das um ihr Kind flehte 
— um sein Kind, das er nie gekannt! Wenn 
dessen Schuld erwiesen wurde, bann gab es 
keinen Pardon: aber — noch war sie es nicht! 
Er löste ihre Hand von seinem Arm. „Du 
behauptest — er — hat nicht auf uns geschos¬ 
sen?" 
„Nein — ick schwöre — die andern — et 
nicht — er hat kein Pistol — nichts!" 
„Dann nimm ihn und geh Deiner Wege, 
aber merk Dir, werdet ihr morgen früh im Um¬ 
kreis des Ortes getroffen, gibt es keinen Par¬ 
don — verstanden?" 
„Ja — oh, ich danke Dir!" 
Oehlers wandte sich zur Türe: „Richtei 
lassen Sie die beiden hier lausen, damit endlich 
Ruhe wird; die scheinen nicht geschossen guI 
haben!" Damit schob er die Frau, die beit; 
Burschen umklammert hielt, zur Tür hinauf 
ohne ihren flehenden Blicken zu begegnen, Geint 
Weile stand er noch und starrte vor sich hin, 
Waren sie wirklich lebendig geworden, die Ge¬ 
spenster! Dann reckte er sich und schüttelte den. 
Kopf. Weg damit, was sollte ihm das alles!f 
Cr gehörte der Gegenwart und ihrem große,!! 
Werk. Dis Feinds weiter verjagen, dem Vater- ! 
land zum Frieden verhelfen — nichts sonst! 
Wenige Minuten später schlief er fest utrt*j 
traumlos. 
Eine zum Feuergefecht abgesessene Eska¬ 
dron bekam den Befehl, eine russische Stellung 
im Sturm zu nehmen. Als der Sturm angesetzt 
wird, prasselt ein Eeschoßhagel aus einem Ma¬ 
schinengewehr auf die Mannschaft nieder, die 
deshalb in ihre Deckung zurück muß. Aber 
einem Mann paßt dies gar nicht; mit den 
Worten: „I brauch' ja an zum Stiefelputzen!" 
dringt er bis in die russischen Reihen und kehrt 
wohlbehalten mit einem Gefangenen, der nun 
sein erwünschter „Stiefelputzer" ist. zurück. 
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