stöhnend mit den verstümmelten Fingern der
Linken durch das blonde Ringelhaar.
„Rechtschaffen heiß is's . .
Von der Bank aufstehend, fragt sie be¬
flissen: „Magst a Milli . . .?"
„Strapazier' dich net, wannst kei Bier net
hast", lacht er. „Bleib' sitzen, sonst mein' ich,
es is dir net recht, datz ich zug'kehrt bin . .
„Ich kann dir's Dableiben net verbieten",
ibt sie schnippisch zur Antwort und bleibt
ehen. Er schaut mit hündischem Blick zu ihr
auf.
„Sei net so beitzig, Dirndl . . . Net nur
mt verbieten sollst mir's Dableiben, gern sehen
Mist es . . . Oder is es dir leicht net recht . .?"
„Gradaus, na", erwidert sie ehrlich und
Jaffenb, datz er nun gehen wird. macht sie sich
reim frischgemähten Heu zu schaffen, das wie
Zeide rauscht. Aber der Balthes denkt nicht
Ms Fortgehen.
„Balst mir doch einen Weidling Milli
bringen tatst", sagt er bittend und ignoriert,
Hatz sie es widerstrebend tut. Wie sie die Milch-
chüssel vor ihn hinsetzt, hascht er nach ihrer
Sand und fragt demütig: „Was hast gegen
Md), sag' . .
„Was ich hab'? Scheuen tu' ich dich, wie
ssdes einen Wildling scheut. Hast schon wieder
4nen Stutzen zum Abschrauben bei dir? Langt
Mr der Denkzettel an deiner Linken noch net?"
„Ich gib sie net her für eine g'sunde Hand,
» . . .", fällt er ihr ins Wort. „Die hat
mch militärfrei g'macht . . ."
„Eine schöne Schand' für so einen jungen
ösumstarken Kerl wie du. daß er als bestrafter
Milddieb sein Vaterland nimmer verteidigen
rann", entgegnete sie verächtlich. „Wird schon
Ne rechte Hand auch bald hin sein, wenn dich
Per Jäger im Gamskar trifft . .
„Da kommt's erst noch drauf an, bei
mem's zuerst knallt . . ."
Furchtbar drohend schaut ihn die Afra
fbtmm an.
„Iessas, Jessas, datz mir nur mei Milli
Net sauer wird bei dem bösen Blick", sagt er
forciert heiter und rückt ängstlich von ihr ab.
Dann fügt er belehrend hinzu: „Das Wild ist
frei. . . Erst das Gesetz hat's Niederknallen
.jätn Verbrechen g'macht. Wenn ich als reicher
Müller net aus Not. sondern aus Passion
Weidgerecht im Revier a bisserl pirschen geh',
so wird das so grob net g'fehlt sein . . . Aber
Pas verstehst du halt net. . ."
„Das machet nir, wann ich's net versteh'.
Ich versteh' ja die Mess' auch net und kann
doch dabei beten. Aber dein Gered' taugt nir',
Schrofenmüller das fühl' ich inwendig. Und
das sag' ich dir — dem Forstg'hilfen, dem
Äoisl balst was antust!"
Der Bauer pfeift durch die Zähne und
feine Augen leuchten tückisch auf. „Blast der
Wind aus der Ecken? Soso, der Loisl! Dem
g'schiet schon nir. Der pirscht und schietzt jetzt
anderswo umeinand . . ."
Verständnislos und angstvoll zugleich
starrt sie den Bauern an. Der weidet sich an
ihrer stummen Qual. Dann fragt er zynisch:
„Ja. hat er denn net Zehrgeld bei seinem
Schatz genommen, bevor er in's Feld zogen
is . . .?"
„Waaaaas?" Aufkreischend hält sich die
Afra den Kopf „Ins Feld sagst? Ham denn
mir einen Krieg . . .?"
Es will etwas wie Mitleid über seine ver¬
witterten Züge huschen, datz die Zusammen¬
gebrochene in ihrer Bergeinsamkeit gar nichts
gehört hat von den politischen Ereignissen, die
ihr das Liebste rauben. Aber die Schaden¬
freude erstickt die edle Regung. Triumphierend
zieht er ein Zeitungsblatt hervor.
„Siehst, da steht's: . . . Die eisernen
Würfel sind gefallen. Der Kaiser ruft. Die
Armee, die zweimal in schweigendem Gehorsam
das halbgezückte Schwert wieder in die Scheide
gestotzen hat, folgt jubelnd der Habsburger
Fahne . . . Mit klingendem Spiel sind heute
unsere mobilisierten Jäger zu Pferde an die
feindliche Grenze gerückt . . . Hast das wirk¬
lich net g'wutzt, Afra, datz wir Oesterreicher
Krieg führen gegen Serbien. . .?"
Die Afra schüttelt den Kopf und stiert vor
sich hin. Er ist fort! Ohne Abschied, — ohne
Verzeihung . . .! Das sonst starke, mutige
Mädchen kann es nicht hindern, datz ihr dicke
Tränen über die Wangen laufen. Der Balthes
tröstet sie rauh.
„Wein' net, Madel. Denjenigen, die sich
was zu Herzen nehmen, geht grad ertra nir
naus. Und der Loisl oerdient's net. Wie er
den gelben Zettel mit der kaiserlichen Botschaft
kriegt hat. hätt' er leicht noch heraufkommen
können, dir b'hüt Gott sagen. Ich hätt's getan.
Ich tät' mich zerreitzen um a lieb's Mörtel von
dir und um einen Händedruck . . ." Die Afra
überhört den Werbeton und jammert.
„Der Loisl im Feld . . .! Wär' doch ein
And'rer an seiner Stell', um den's Derschietzen
net schad wär . . ."
Mühsam bezwingt der Balthes seinen
Zorn.
„Schau, schau, wie du jetzt auf einmal
daherredst . . .! Vorhin hast mich derbleckt,
datz ich militärfrei bin und jetzt dürft' ich gar
tauschen mit deinem Schatz . . . Geh, sei
g'scheit, Afra. Latz die Jager und Soldaten
und nimm dir einen g'standenen Bauern. ....