Volltext: Kriegs-Kalender für das Jahr.... (1916)

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Laut von innen. „Kein Betrieb mehr seit 
Oktober," bemerkt Ander! beiläufig. 
„Warum haben Sie mir das nicht ge¬ 
sagt?" 
„Sie haben mich ja net g'fragt." 
„Was wollten denn Sie heroben?" forscht 
Wurzer argwöhnisch. 
„Spazierengeh'n. . . ." 
„Wissen Sic, das; ich seit zehn Stunden 
nichts gegessen habe, als einen Bissen Brot?" 
Hart klingt's zurück: „Ich hab' einmal 
zehn Wochen nix g'habt als einen Bissen 
Brot . . . ." 
„Was geht das mich an?" 
„Sehr viel, Herr," sagt der Leitner und 
schaut ihn an. daß dem sehr unbehaglich wird. 
Eine Ahnung dämmert ihm auf. Aber feig 
lenkt er ab: „Könnten Sie mir nicht wenigstens 
den Bock hinuntertragen?" 
„Na, so net. Ich hab' ja einen steifen 
Arm." 
Ein scheuer Blick trifft den unheimlichen 
Mahner und kleinlaut jammert er: „2a. was 
tu' ich denn da?" 
„Selber schultern! Haben ja gesunde Glie¬ 
der . . 
Den Uebermüden schaudert's. „Denselbr« 
Weg?" 
Jetzt lacht der finstere Führer zum erste», 
male. 
„Na. na . . . Da geht ein ganz kommoder 
Weg in's Tal. Brauchen nur den blauen Mur¬ 
ksn nachlaufen . . ." 
„Warum sind wir den nicht schon heraus- 
gegangen?" 
„Ich hab' halt gemeint, Herr, Sie könnte» 
Sünden zum Abbüßen haben. Geiz ist zm 
Beispiel eine Todsünd'. Für Sie war's ei» 
hartes Stück und für mich eine arge Ders»- 
chung. Jetzt is mir aber wohler. Ich mW 
Ihnen Ihr Geld nimmer. Ich brauch' wenig¬ 
stens net fürchten wie Sie, das; mir's einer 
nimmt . . . Und jetzt adjö! Ich überlass' Ar 
dem Herrgott und Ihnen selber, denn ich mirs 
seitlich geh'n, um Arbeit betteln. . ." 
Allein in der Bergwildnis, müde, durstig, 
hungrig, ausgefroren und schwergebeugt vm 
der Last des starken Eamsbocks, lernt Wurz« 
in sich gehen und die Entbehrungen kenne». 
Endlich unten im Tal angelangt, und noch un¬ 
ter dem Eindruck des Erlebten, tilgt er unge¬ 
säumt seine Schuld und tut das erste edle Wer! 
seines Lebens: er macht den Leitner Andreas 
sorgenfrei. 
Das KnegsleistMgLgesetz als Strafmittel 
Die „O. Volksztg." berichtet: 2m Lain¬ 
zer Tiergarten firrd. wie bekanntlich auch sonst 
in der Umgebung Wiens, Erdaushedungsn im 
Zuge. Die Oberaufsicht führt ein Hauptmann. 
Einer der Arbeiter, ein ernster braver Mann, 
tat sich so hervor, daß er zum Partieführer 
gemacht wuröe. Neulich bat er um die Er¬ 
laubnis, einen Tag fortbleiben zu dürfen. Der 
Hauptmann fragte freundlich um den Grund. 
Der Arbeiter erwiderte, dah er delogiert 
wurde, weil er dem Hausherrn die Miete 
nicht zahlen könne. Rasch entschlossen setzte sich 
der Hauptmann mit dem Arbeiter in ein Auto 
und fuhr zu dem Hause, in dem der Mann 
gewohnt hatte. Der Hauptmann lieh den 
Hausbesitzer rufen, der bereits die Delogierung 
hatte vornehmen lassen. Die geringen Hab¬ 
seligkeiten des Delogierten standen auf der 
Straße angegafft von lärmenden Straßenjun- 
gen, deren Zahl sich von Moment zu Mo¬ 
ment vermehrte. „Warum haben Sie den 
Mann so behandelt?" fragte ernst der Offizier. 
„Weil er mir den Zins schuldig is und weil 
i der Hausherr bin." „Bedenken Sie nicht." 
setzte der Hauptmann, immer noch ruhig fort, 
„dah jetzt überall Not und Elend herrsch!, 
daß der Mann beim besten Willen nicht zah¬ 
len kann? Uebrigens was ist er Ihnen schul¬ 
dig?" „Zweiundzwanzig Kronen fürn Mo¬ 
nat," antwortete der Hausbesitzer und be¬ 
merkte noch: „2 kenn da kan Pardon. Dös 
wär' no das Schönste, wenn die Leut' de» 
Zins a nett mehr zahlten!" Der Offizier 
zog seine Brieftasche hervor, händigte dein 
Hausbesitzer eine 20-Kronen- und eine 2-Kro- 
nen-Note ein und sagte: „Aber jetzt lassen 
Sie die Sachen von dem Mann sofort wieder 
hereinschaffen und ersparen Sie ihm die 
Schande." „Dös tua i net," war die Ant¬ 
wort. „Er soll schau'n das; er hingeht, wo er 
will, i brauch solche Parteien net." Der 
Hauptmann erkannte, das; hier nichts zu mache» 
sei und entfernte sich. Vierundzwanzig Stun¬ 
den später war der Hausbesitzer auf Grund 
des Kriegsleistungsgesetzes unter den Erdar¬ 
beitern im Tiergarten. Er mußte Spitzhaue 
und Schaufel ansetzen wie die anderen. Und 
sein unmittelbarer Vorgesetzter war derselbe 
Erdarbeiter, den er tags vorher delogiert hatte. 
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