Volltext: Kämpfer an vergessenen Fronten

Wesen dieses Dienstes in der jeweilig richtigen Heranziehung der Mittel zur Erforschung des Gegners. 
Äier gilt wohl der Grundsatz: der Zweck heiligt die Mittel. So wurde denn auch, als 1917 an der russischen 
Front die Revolution ganz eigenartige Verhältnisse schuf, der von uns betriebene Propagandadienst, der 
es auf die Auflösung von Zucht und Ordnung im russischen Äeere abgesehen hatte, natürlich auch auf die 
Erbringung von Nachrichten abgestellt. Es trat dort eine Periode ein, wo man das russische Gegenüber 
einfach um Nachrichten über die Lage fragte und — prompteste Antwort erhielt. 
Was die Ausnützung der Presse für den militärischen Erkundungsdienst anlangt, so möchte ich konsta-- 
tieren, daß Nachrichten von strategischer Bedeutung, wie sie z.B. von den Deutschen im Kriege 1870/71 
aus der Presse entnommen wurden, für uns während des Weltkrieges nicht erwuchsen. Das daraus ver- 
wertete Material war bloß geeignet, Daten über feindliche Kommandanten, über Einberufungen von 
Keeresjahrgängen zur militärischen Dienstleistung, über Ausrüstungsfragen, über Konferenzen militärischer 
Funktionäre u. ä. zu ergänzen. Auch der Briefzensurdienst — der Kriegsgefangenenpost habe ich bereits 
Erwähnung getan — ergab verhältnismäßig wenig Material für die militärische Erforschung des Feindes. 
Dieser Dienst hatte hauptsächlich defensiven und wirtschaftlichen Zwecken zu dienen. 
Wenn ich es mir auch im Rahmen dieses Artikels versagen muß, über die Spionageabwehr eingehender 
zu sprechen, so möchte ich nur ganz allgemein sagen, daß eine wirksame Spionageabwehr nur dann möglich 
ist, wenn die gesamte Bürgerschaft des Staates verständnisvoll mitwirkt. 
Jedenfalls ist es ratsam, von Verrat und Spionage während des Weltkrieges in Osterreich-Angarn 
nur dann zu sprechen, wenn man für seine Behauptung im einzelnen wirklich Anterlagen hat, die man daher 
keinesfalls im Wege des Schneeballsystems erlangt haben darf. 
Wer da alles und mit welcher Begründung des Verrates bezichtigt wurde, grenzt an Wahnsinn. 
Als langjähriger Sachverständiger in Spionageprozessen im Frieden und im Kriege glaube ich vor dem 
Verdacht geschützt zu sein, unverzeihlicher Milde das Wort geredet zu haben. Dort, wo Grund vorhanden 
war, wurde mit scharfer Äand eingegriffen, ohne Rücksicht auf mögliche „Konsequenzen". Gerechtigkeit 
muß aber allezeit den Äauptfaktor bilden. 
Wir hatten durch das staatsfeindliche Verhalten verhetzter Elemente gewiß viel zu leiden, und daß 
die national Verhetzten vom Feinde ausgenutzt wurden, um gegen das eigene Vaterland Verräterdienste 
zu leisten, zeigt wohl der Prozeß gegen die Mörder von Sarajevo ebenso wie einige andere Spionage-- und 
Kochverratsprozesse. Da mußte strenge vorgegangen werden, um die Nester des Verrates auszubrennen. 
Anfang Juli 1918 näherten sich nach Mitternacht zwei italienische Motorboote der Gardaseeküste bei 
Riva, die von unseren Truppen besetzt war. Als die Boote von einem unserer Motorboote entdeckt und 
beschossen wurden, glitten zwei Männer aus einem der feindlichen Boote ins Wasser, um das Afer schwimmend 
zu erreichen. Doch sie sielen den Anfingen in die Kände: der tschechische Legionär Storch und sein Kumpan. 
Sie trugen österreichische Aniformen. Storch war erst vor etwa Monatsfrist aus der Gegend von Riva 
zu den Welschen übergelaufen. Mit allem möglichen ausgerüstet, waren die Legionäre vom Chef des Kund-- 
schafterdienstes der italienischen 1. Armee dazu ausersehen, unter ihren Landsleuten Propaganda des Ver¬ 
rates zu treiben und sie für den Kundschaftsdienst zu gewinnen. 
Es wird nicht wundernehmen, wenn der Verräter Storch nach kurzem Prozeß mit Aussicht auf den 
Gardasee gehenkt wurde. 
Aber trotz solcher wenig erfreulicher Fälle bin ich zu dem Schluß gekommen, daß in Österreich-Angarn 
nicht mehr Verrat geübt wurde als in fast allen Staaten, die am Weltkriege teilgenommen haben. 
8. Kapit 
Spionage an der 
Aus den Erinnerungen eines österreichischen Nachrichtenoffiziers. 
Einer der interessantesten, aber auch undankbarsten Dienste, zu denen man als Offizier kommandiert 
werden konnte, ist der Nachrichtendienst. And doch, wer einmal in diesem Dienste tätig war, ist ihm für 
immer verfallen. Es mag dies daran gelegen sein, daß der Nachrichtendienst von der ziemlich eintönigen
	        
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