Volltext: Kämpfer an vergessenen Fronten

verwendet. Die Zentralpolizeistelle Allenstein wies einmal darauf hin, daß Buchdeckel hergestellt würden, 
die aus Blättern mit schriftlichen Aufzeichnungen und aus anderen Blättern beständen. Die Blätter wurden 
untereinander durch Kleister verbunden und zu einer pappdeckelartigen festen Masse zusammengepreßt. Diese 
Buchdeckel erschienen dann als harmlose Einbände von Büchern gleichgültigen Inhalts. Durch Aufweichen 
im Wasser ließen sich die Buchdeckel leicht in ihre ursprünglichen Teile zerlegen, wobei die schriftlichen Auf- 
Zeichnungen lesbar blieben. Die Zentralpolizeistelle in Luxemburg brachte in Erfahrung, daß in Gebet¬ 
büchern, die an den Grenzstationen nicht eingehend revidiert wurden, Nachrichten in das Ausland überbracht 
wurden. Besonders Juden sollten hierbei in einem mitgeführten Koran einzelne Worte oder Buchstaben 
dünn unterstrichen haben. Auch die sogenannten „Gebetsriemen" der Juden wurden für diese Zwecke benutzt. 
Bei Abhaltung ihrer Gebete schnallen sich die Juden einen Lederriemen an die Stirn, auf welchem sich ein 
aus Leder gefertigtes, mit mehreren Hohlräumen versehenes, viereckiges Gehäuse befindet. Da der Gebets- 
riemen sehr heilig ist, lassen sie ihn von einem Angläubigen nicht einmal gern berühren, aufgeschnitten darf 
er überhaupt nicht werden, da er sonst entweiht ist. Gelegentlich fanden sich auch bei der Durchsicht von 
Pässen zwischen den früheren Sichtvermerken oder 
auf noch unbenutzten Blättern, die zur Aufnahme von 
Bescheinigungen über polizeiliche An- und Abmel- 
düngen bestimmt waren, Eintragungen des feindlichen 
Nachrichtendienstes. 
Auch Lebens- und Genußmittel standen im 
Dienst des Nachrichtenschmuggels: leere Frucht- und 
Gemüsekörbe, die übereinandergeschachtelt waren, leere 
Weinfässer, manchmal mit doppeltem Boden, aus- 
gebohrte Korken zum Verschließen von Milch- und 
Kaffeeflaschen, fest zusammengelegte Brotschnitten, 
eingepackte Eier und dergleichen. Der Polizeipräsident 
von Berlin berichtete, daß zur Übertragung des 
Abdruckes von Stempeln und Siegeln hartgekochte 
Eier verwendet würden, die, von der Schale und der 
Eihaut befreit, noch in warmem Zustande auf den 
Abdruck gewälzt würden. Auf diese Weise konnten bei 
entsprechender Vorsicht mit einem Ei mehrere, dem Original völlig gleichende Nachbildungen hergestellt 
werden. Runde Stempelabdrücke ließen sich auch dadurch übertragen, daß glatte Abschnitte von Eiweiß 
oder von gekochten, noch warmen Kartoffeln darauf gepreßt wurden. Sprengstoffe wurden, in Brot ein- 
gebacken, von Holland nach Belgien und Deutschland gebracht. 
Ein höchst origineller Weg des Briefschmuggels ging durch den Leib toter Käsen oder Gänse. Die 
Abwehrstelle Wesel berichtete darüber: „Die zu verbergenden Gegenstände werden in den Leib des auf¬ 
geschnittenen und ausgenommenen Äasen hineingelegt, nachdem sie zuvor in einer Glaskapsel hermetisch 
verschlossen oder in eine Schweinsblase eingenäht sind. Der Leib wird dann gut zugenäht und der Äase unge- 
hindert über die Grenze gebracht." Ein polnischer Arbeiter versuchte bei seiner Ausreise nach Polen ein 60 
Zentimeter langes, 30 Zentimeter breites und 5 Zentimeter dickes Fleischhackbrett über die Grenze mitzuneh¬ 
men. Da es durch seine geringe Schwere auffiel, wurde es nachgesehen und dabei festgestellt, daß es hohl 
war. Die beiden Breitseiten waren geschickt auf einen Kolzrahmen aufgeleimt, so daß die Fälschung schwer zu 
erkennen war. Der Fund, der im vorliegenden Falle in diesem Kohlraum gemacht wurde, war verhältnis¬ 
mäßig harmloser Art: 600 Zigaretten und drei Rollen Zwirn. 
Das wirksamste Mittel zur Tarnung schriftlicher Aufzeichnungen bildete zweifellos die Anwendung 
von Geheimtinte. Sie wurde mit Äilfe chemischer Präparate auf die verschiedenste Weise hergestellt. 
Eine anfänglich viel gebräuchliche, sehr bald aber den Äberwachungsstellen bekanntgewordene neutrale Tinte 
entstand, indem man einen Teelöffel voll gewöhnlichen Treberbranntweins und eine Messerspitze Kondens- 
milch in einem größeren Schnapsglase mit so viel warmem Wasser mischte, daß das Glas bis zum Rand 
gefüllt war. Die völlig farblose Flüssigkeit wurde nach dem Erkalten mit einer Kielfeder in möglichst großen 
Röntgenbestrahlung ergibt in einem Zigarettenetui 
eine mit einer besonderen Kapsel versehene und 
Spionagenachrichten enthaltende Zigarette
	        
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