Volltext: Kämpfer an vergessenen Fronten

dings sehr große Kunststück an, mit dem Drahtzaun nur dann in Berührung zu kommen, wenn die Jso- 
lierung des ganzen Körpers durch die Teller gewährleistet war. Versuche, mit gummiumwickelten Draht- 
scheren, die Drähte zu durchschneiden, mißglückten in den meisten Fällen, da hierdurch eine selbsttätige Alarm- 
Vorrichtung ausgelöst wurde. — Mancher hat den Versuch, in die Freiheit zu gelangen, mit dem Tode 
bezahlen müssen, wenn ihn die Kugel eines wachsamen Postens traf oder die Schutzmaßnahmen nicht 
richtig funktionierten und ihn die elektrische Kraft des Zaunes tötete. 
Brieftaube, Freiballon und F 
Die Brieftaube. 
Die Brieftaube hat schon seit langen Zeiten eine wichtige Rolle in der Nachrichtenübermittlung gespielt. 
— Für den Kriegsfall hatten daher wohl alle größeren Militärstaaten schon eingeflogene Brieftauben 
in festen Schlägen, besonders in den Festungen. Aber auch fahrbare Brieftaubenschläge waren in Ver- 
Wendung, die die vormarschierenden Armeen begleiteten, und aus denen Tauben in Körben verpackt auf dem 
Pferde mitgenommen werden konnten. 
Im Laufe des Krieges stattete man im Stellungskrieg die vorderen Kampflinien mit Brieftauben aus, 
die für die Fälle vorgesehen waren, wo im Großkampf die rückwärtigen Fernsprechanlagen zerschossen waren 
und ihre schnelle Wiederherstellung sich nicht ermöglichen ließ. Auch Flugzeugen und A-Booten wurden 
Brieftauben mitgegeben, die sich recht gut bewährten. Ich erinnere mich, daß ein deutsches Flugzeug in der 
Nordsee, das infolge Motordefekts hatte zu Wasser gehen müssen, durch Taubenmeldung Kilfe erbat und 
dann rechtzeitig von Brügge aus durch ein Torpedoboot gerettet werden konnte. — Auch mir persönlich 
bzw. meinem ganzen Stabe brachten in der letzten Champagneschlacht die uns mitgegebenen Brieftauben 
eine besondere Äilfe, allerdings nicht dem vorgesehenen Zweck entsprechend. Seit 24 Stunden lag starkes 
Trommelfeuer auf unserer Stellung, das weit in das Hinterland hineinreichte und auch die Stäbe hinter 
den Linien so eindeckte, daß jeder Nahrungsmitteltransport von rückwärts nach vorn unterbunden war. 
Wir alle waren reichlich verhungert, da wir unsere eigenen Verpflegungsbestände restlos an die vorderen 
Linien abgegeben und buchstäblich keine trockene Brotrinde zur eigenen Verfügung hatten. Zwei 
Brieftaubenkörbe mit je vier Tauben standen im Eingang des Anterstandes, der in die Rückseite des Kirch- 
turmhügels von Somme-Py hineinführte und eigentlich in vollster Deckung lag. Trotzdem krepierte ein 
schweres Mörsergeschoß so dicht am Stolleneingang, daß durch den Luftdruck sämtliche Brieftauben getötet 
wurden und — nunmehr schnellstens gekocht — uns und mehreren Verwundeten als herrliches Süppchen 
Kraft zu weiterem Aushalten gaben. 
Belgien ist bekanntlich vom Sportstandpunkte aus das klassische Land der Brieftaube. Als die deutsche 
Truppe zu Beginn des Krieges in Belgien einrückte, war das gesamte Land mit vielen Kunderttausenden 
zum Teil wertvollsten Brieftauben übersät. Im hastigen Vormarsch war nicht die Zeit dazu vorhanden, 
die belgischen Tauben in Gewahrsam zu nehmen. Erst als Ende Oktober 1914 auch der Vormarsch des 
deutschen rechten Flügels zum Stehen kam, lenkte sich die Aufmerksamkeit auf die vorhandeilen Brieftauben 
und ihre Gefährlichkeit für feindliche Nachrichtenübermittlung. Der gesamte belgische Brieftaubenbestand 
wurde nunmehr beschlagnahmt. 
Ein eigenartiger Vorgang sollte dazu die beschleunigende Veranlassung geben. Der Kaiser hatte 
für den 1. November seine Ankunft beim Armee-Oberkommando 4 für 3 Ahr nachmittags ansagen lassen. 
Von der Nachbararmee war diese Nachricht durch Funkspruch an das Armee-Oberkommando 4 weiter- 
gegeben worden. Im letzten Augenblick änderten sich die Reiseanordnungen, und Seine Majestät traf bereits 
um 1 Ahr beim Armee-Oberkommando ein, das er nach kurzem ihm gehaltenen Vortrag gegen 2.30 Ahr 
mit seinem Gefolge wieder verließ. Punkt 3 Ahr jedoch erschien ein starkes englisches Flugzeuggeschwader 
und bedeckte mit großem Erfolg Thielt, den Standort des Armee-Oberkommandos, mit Bomben, wobei 
das Rathaus, in dem der Generalstab des Armee-Oberkommandos seine Arbeitsräume hatte, in Trümmer 
gelegt wurde; ein Beweis, wie gut der Gegner schon über Einzelheiten der Anterbringung des Armee- 
Oberkommandos und auch über die beabsichtigte Anwesenheit des Kaisers unterrichtet war. Der Gedanke
	        
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