Volltext: Kämpfer an vergessenen Fronten

der Nähe. Wir können uns bei solcher Kleinigkeit, denn solche ist es in diesem Falle, nicht aufhalten. Mit 
der Zeit fingen unsere Geschütze auch an, zu singen, und zwar mit recht kräftiger Stimme. Die Stärke einer 
solchen Kanonade können Sie sich wohl nicht gut vorstellen. Vom Luftdruck der eigenen Kanonen geht schon 
manches in Fetzen, was nicht so recht stabil gebaut ist. Vorher habe ich's selber nicht geglaubt und habe 
doch schon manches Übungsschießen mitgemacht; dies war aber ein bißchen zuviel des Guten. Von unserer 
Seite aus sind gute Treffer und überhaupt gute Erfolge beobachtet. Wie sich da die Leute freuen, wenn 
vom Kommandostand nach überall hingegeben wird: „Treffer beim feindlichen Kreuzer! — feindlicher Kreuzer 
brennt! — Kreuzer sinkt!" Das sind Momente, wo man seine eigene schwierige Lage vergißt. Die Gewißheit 
der guteil Erfolge gibt neuen Mut. Aber was hilft es, wenn uns die Sonne zu früh einen Schabernack spielt? 
Der Feind verschwand im Dunst, und wir standen im schönsten Licht; also die umgekehrte Lage wie vorher, 
nur, daß sie sür uns nur kurze Zeit dauerte. Während der kurzen Zeit haben wir uns aber auch recht unangenehm 
bemerkbar gemacht. Das ist dadurch bewiesen: Der Feind hat größeres Kaliber und kann weiter schießen 
und hat doch den weitaus größeren Verlust. Anser kleineres Kaliber muH doch wohl große Arbeit machen. 
Im Laufe des Gefechts mußte ich das traurige Los der „Wiesbaden" mit ansehen. Geradezu unheimlich 
war es, wie dies Schiff aufs Korn genommen war. Durch irgendeinen Maschinenschaden war es unfähig 
geworden, sich zu bewegen, und lag nun zwischen beiden Linien, rettungslos dem feindlichen Feuer ausgesetzt. 
Salve auf Salve schlug hinter, vor, neben und auf dem Schiff ein. Ich habe es nicht sinken sehen, Gott 
behüt' die braven Toten. 
Nach der Tagschlacht war unsere Formation anders geworden, uud wir bekäme» keine rechte Arbeit 
mehr. Aber nicht alle waren zur Ruhe gezwungen, das sagt ja allein die Tatsache, daß die „Westfalen" 
sechs Zerstörer vernichtet hat. Verschiedentlich kamen brennende Schiffe bei uns vorbei, auf denen eine 
Explosion dicht hinter der anderen folgte. Das ganze Schiff ein Helles Flammenmeer, von oben bis unten, 
von vorne bis hinten alles taghell erleuchtet. Man will sogar gesehen haben, daß noch Menschen hin und 
her liefen. Bei Nacht ist es ein hübsches, aber grausiges Schauspiel. 
Nach Tagesanbruch ist es dann nicht mehr zum Gesecht gekommen. Ich war auch sroh, erst mal in 
aller Ruhe Lust holen und zur Besinnung kommen zu können. Eigentlich durfte ich aber nicht klagen, denn 
andere oder doch viele waren schlimmer dran wie ich. Als Beispiel will ich nur die armen Äeizer anführen. 
Von mittags 12bis nachts 2 und sogar 4 Uhr vor den glühenden Kesseln, und dabei nichts zu essen als ein 
Stückchen Brot, und das haben nicht mal alle bekommen. Ansere Kombüse hatte John Bull zerschossen. 
Warmes konnte es also überhaupt nicht geben; das war ein arger Streich von dem Kattsteert. Bei ihm 
werden aber auch verschiedene das Kochen vergessen haben. 
Beim Einlaufen in den Käsen wurden wir von allen anwesenden Schiffen, vom größten bis zum kleinsten, 
mit drei kräftigen Kurras begrüßt. Jetzt endlich sind auch die Blauen zu Ehren gekommen, jetzt können auch 
sie sich frei sehen lassen, jetzt kann keiner mehr sagen, sie machen nichts mit im Kriege, sie sollen erst zeigen, 
was sie können. Der Tag ist gewesen, an dem sie von dem beklemmenden Gefühl des Müßigganges befreit 
wurden. Der Kleinkrieg wurde nur gering geschätzt, jetzt haben sie mal alles drangesetzt. Sie hören nicht 
mehr beschämt den Erzählungen der Grauen zu im Familien- und Bekanntenkreise, jetzt, wo sie sich gegen 
Englands Flotte hervorgewagt haben, dürfen sie auch erzählen. Das ist das Gute, das Erhebende an der 
Sache. 
6. Kapi 
Die Eroberung der 
In den Jahren 1916 und 1917 spielte sic kriegerische 
Ostsee-Streitkräfte vornehmlich in den Formen 
und neutralen Handel mit Bannware ab. 
Handels immer intensivere Minenverseuchung, 
Ostsee. Mit U-Booten und Flugzeugen, gelege 
schiffen, wurden nach Möglichkeit die befestig
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.