Volltext: Kämpfer an vergessenen Fronten

Ihr Euch nicht zu beunruhigen. So einfach ist die Geschichte nun doch nicht, daß sich da einer hinlegt und 
denkt, mit viel „Bum-bum" könnte er's schaffen. Das haben die Engländer anscheinend auch schon eingesehen. 
Wir haben doch nicht umsonst sechs Monate die Dinger, die Dardanellen, in der Äand. Natürlich, 
unangenehm bleibt's immer, wenn man weiß, da draußen liegt ein Kaufen Schiffe und will rein, und drin 
liegt ein Schiff („Goeben") und darf sie nicht reinlassen. Wir werden's schon schaffen. 
Ich „mache" hier in Funkentelegraphie, eine nette Sache, nur verdammt viel zu tun. Es ist wirklich 
nicht so leicht, aus einem Konglomerat schwimmender Untersätze (vulgo türkische Marine) eine halbwegs 
anständige Flotte zu schaffen, mit der man was unternehmen kann. Na, da wir jetzt auf allen türkischen 
Schiffen wenigstens deutsche Kommandanten haben, geht's so einigermaßen. Aber ich könnte wirklich ein 
Buch über die türkische Marine schreiben oder eine Tragikomödie. 
Brief des Bootsmannsmaats Oskar Eydam des Schlachtkreuzers „Goeben". 
Konstantinopel, den 13. Mai 1915. 
Am 10. Mai hatten wir ein Gesecht mit der russischen Flotte. Am 8. Mai liefen wir vom Schwarzen 
Meer aus in den Bosporus ein. Am 9. Mai vormittags faßten wir Kohlen, und es begann große Fahrt 
ins Schwarze Meer. Wir wußten nicht, was eigentlich los war, aber als wir in die offene See kamen, 
kam auch schon ein russisches £UBoot in Sicht. Wir 
machten sofort kehrt und nahmen anderen Kurs. Wir 
entkamen glücklich, denn Schießen hätte keinen großen 
Zweck gehabt. Kierauf fuhren wir nördlichen Kurs. 
Das Anterseeboot mochte wohl angenommen haben, 
daß wir wieder in den Bosporus eingelaufen wären. 
Die Nacht verging ruhig. Gegen 2 Ahr früh aber 
machten wir wieder kehrt nach demBosporns zu, und 
siehe, die gesamte russische Flotte hatte sich da einge-- 
funden, um die Forts zubeschießen. Wir waren gerade 
beim Frühstück, so gegen %8 Uhr, als die Russen 
gesichtet wurden. Es wurde sosort „Klar Schiff zum 
Gefecht!" angeschlagen, und ein Viertel vor 8 Ahr 
ging's auch schon los. Die „Goeben" war ganz allein, 
und wir hatten nicht die geringste Anterstützung. Wir 
schössen auf große Entfernung, und zwar nur mit 
der schweren Artillerie. Gleich zu Anfang hatten wir 
einen schweren Treffer im Vorschiffweg. Das russische 
Spitzenschiff brannte bald, und dasZiel war dadurch 
schwer zu erkennen. Da das Spitzenschiff nicht mehr 
inFrage kam, richteten wir auf das zweite. Die Russen 
hielten es für gut, nach drei Viertelstunden das 
Gefecht abzubrechen, um uns später noch einmal zu 
kriegen. Wir fuhren nun nördlich, und die Russen 
folgten uns. Wir erhielten nach dem ersten Treffer 
noch einen zweiten unter der Wasserlinie, der aber 
glücklich abprallte. Das schlimmste bei der Sache war, 
daß der Russe seine Unterseeboote mit im Gefecht 
Russische Mine detoniert im Suchgerät hatte. Wir konnten zwei Torpedoschüsse beobachten, 
die kurz hinter uns vorbeigingen. Da hatten wir also 
Glück; denn wenn wir die beiden Schüsse erhalten hätten, so wären wir erledigt gewesen. Die Rückkehr in 
den Bosporus, den wir unbedingt erreichen mußten, war also sehr gefährlich, und Kohlen waren auch nicht 
allzuviel da. Wir brauchen nämlich, wenn wir 26 bis 28 Meilen laufen, in einer Stunde 60 bis 76 Tonnen. 
Bis 1 Ahr fuhren wir nördlich, dann machten wir kehrt, liefen mit 28 Meilen zurück. Inzwischen waren 
„Breslau", „Äamidie" und unsere Torpedoboote ausgelaufen, um die Einfahrt in den Bosporus nach 
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