Volltext: Ergebnisse der Landtagswahlen in Oberösterreich im Jahre 1909

Sit Wahlen in der allgemeinen LNählerklaffe. 
(Am 3. Mai 1909.) 
Die Landtagswahl in der allgemeinen 
Wählerklasse fiel im großen und ganzen so aus, wie 
wir es voraussahen. 
In der Städtekurie, wo zum erstenmale nach dem Pro- 
portionalwahlsystem gewählt wurde, bekamen die Kerikalen 
zwei, die Deutschfreiheitlichen und die Sozialdemokraten je 
ein Mandat. 
In den Landgemeinden, in welchen nach dem Mehrheits- 
system gewählt wurde, fielen den Klerikalen, wie nicht anders 
zu erwarten war, alle zehn Mandate zu. 
Dieses Resultat überrascht niemanden, der die Verhält- 
nisse auf dem Lande kennt. 
Der tiefreligiöse Bauer, der abgesondert vom Getriebe 
der Welt lebt, nichts anderes zu lesen bekommt, als die 
klerikalen Zeitungen, dem immer und immer wieder in allen 
Tonarten vorgeschwatzt wird: die Religion ist in Gefahr — 
sein Seelenheil ist unwiederbringlich verloren, wenn er an- 
ders wählt, als ihm der Pfarrer und Kaplan vorschreiben, 
der jahrzehntelang in geistiger Knechtschaft gehalten worden 
ist, wird sich nicht so leicht dazu aufraffen und darüber nach- 
denken, ob die jetzt über ihn herrschende Partei seine Jnter- 
essen wirklich so vertritt, wie es zu seinem wirtschaftlichen 
Aufschwünge zur Verbesserung seiner Lage notwendig wäre. 
Hier wird noch ein ungeheures Stück Aufklärungsarbeit von 
feiten der freiheitlichen Parteien notwendig sein. 
Auch das Wahlergebnis in den Jndustrialorten bietet 
für Kenner der oberösterreichischen Verhältnisse keine Über- 
raschung. Auch da gibt es ja noch viele, die alles Heil von 
den Klerikalen erwarten. Auch da gibt es, ebenso wie auf 
dem flachen Lande, noch viele, die Religion und Politik nicht 
zu unterscheiden vermögen. Zudem fällt gerade in den In- 
dustrialorten der Umstand sehr ins Gewicht, daß viele 
Wähler, insbesondere Gewerbetreibende, von den klerikalen 
Drahtziehern geschäftlich abhängig sind, daher klerikal 
wählen, wenn sie es in Wirklichkeit auch nicht sind.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.