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men werden, daß dieselben innerhalb der Competenz derselben
erlassen, und giltig sind, und der Reichsrath nicht berechtigt
war, dieselben einfach aufzuheben.
Wenn auch in diesen und allen ähnlichen Fällen das
Gesetzgebungsrecht der Landtage nur ein formelles ist, und bei
Nichtannahme solcher in den Staatsgrundgesetzen ausgespro—
chener allgemeiner Bestimmungen mancher Conflikt entstehen
dürfte, der bis zur wiederholten Auflösung der Landtage füh—
ren kann, so kann das nicht hindern, die Competenz der Land—
tage festzuhalten, und gegen das gefährliche Präjudiz sich aus—
zusprechen, daß durch Reichsgesetze die Landesgesetzgebung ab—
geändert werden kan.
Ebenso muß als weiterer Grundsatz aufgestellt werden,
daß, wo die Rechts-Sphäre erweitert ist, sofort diese Erwei—
terung eintritt, wenn auch die zur Geltendmachung nothwen—
digen Organe, oder die dieses Recht weiter ausführenden Ge—
setze nicht gegeben sind.
Es gilt dies vorzüglich in dem Falle, in welchem dem
Staatsbürger die Ansprüche auf Ersatz durch den Staat, oder
seine Organe zugefügter Beschädigungen zugestanden oder
der bisher unzulaͤssige Rechtsweg als zulässig erkannt wird
und dg. —
Vor Eroͤrterung der einzelnen Artikel muß endlich auch
noch die Frage, welche öfters wiederkehrt, beantwortet werden,
ob das Militär von den,“ in den Staatsgrundgesetzen den
Staatsbürgern eingeräumten Rechten Gebrauch machen könne.
Die eigenthümliche Stellung des Militärs und insbesonders
die zur Aufrechthaltung der Disciplin nothwendigen Beschrän—
kungen in Ausübung mehrerer sehr wichtiger, in diesen Staats—
grundgesetzen verbürgten Rechte, als z. B. des Petitions-, Ver—
eins- und des Versammlungsrechtes, der freien Meinungs—
äußerung u. s. f. führen zu dem Schluße, daß auf das Mi—
litär diese Staatsgrundgesetze in der Regel keine Anwendung
finden, daß aber selbstverständlich diese Beschränkungen nur
auf das active, mit der Waffe dienende Militär, daher
weder auf Pensionisten, noch sonstige Militärpartheien sich bezie—
hen können, und daß da hiedurch das Militär als außer
der Verfassung stehend angesehen wird, es nothwendig er—
scheint, seine rechtliche Stellung mit den verfassungsmäßigen
Rechten in Einklang zu bringen.
WUUebergehend zu den einzelnen Artikeln wird Folgendes
hemerkt:
Art. JI.
Für alle Angehorigen der im Reichsrathe vertretenen Königreiche
und Länder besteht ein allgemeines österreichisches Staatsbürgerrecht.