Volltext: Italien in sechzig Tagen

772 38. Umgebung von Neapel: Monte nuovo - Cumä. 
Auch aus anderen Oeffnungen des 
weissen, rundlichen Kraterbodens 
sieht man Dämpfe auf wallen und 
das durch den Zutritt der Luft zer¬ 
setzte Schwefelwasserstoffgas setzt 
Schwefel in solcher Menge an, dass 
er industriell ausgebeutet wird; der 
Gips, der sich durch die Verbindung 
der porösen Kalke mit der aus der 
langsamen Verbrennung des Gases 
entstandenen Schwefelsäure bildet, 
wird zur Stuckfabrikation benutzt. 
Gegen die Mitte des Kraters wurde 
eine Höhle ausgograben, in welcher 
schwarzer Schlamm in grossen Bla¬ 
sen aufkocht. Der mit Schwefel 
und Arsen versetzte Dampf hat die 
Aerzte Cerio und Kranichfeld ver¬ 
anlasst, am Bassin der Solfatara ein 
Heilinstitut für Lungenkranke zu 
errichten. — Der Boden (344 m. 
lang, 291 m. breit) erhebt sich 
90 m. über dem Meer, die Südhöhe 
des Kraterrandes 189 m.; die öst¬ 
liche Begrenzung bilden die Gottes 
Leucoqaei (weisserdige Hügel),mürbe, 
weisse, durch Fumarolen zersetzte 
Tuffe. 
Bei der Weiterreise jenseitPozzuoli sieht man westl. vom Serapis- 
tempel einige Säulen aus dem Meer tauchen, die einem Tempio di 
Nettuno angehört haben sollen; etwas weiter, am Saum des Monte 
Barbaro, einem der höchsten Vulkane der Phlegräischen Felder, 
werden einige Ruinen (Reste eines Portikus und unterirdischer 
Kammern) für Cicero1 s Landgut Puteolanum gehalten, wo dieser 
seine »Quaestiones academicae« schrieb und Kaiser Hadrian beige¬ 
setzt wurde. Dann verzweigt sich die Strasse vor dem (72 St.) 
Monte nuOVO (1. Strada di Miniscola). Dieser merkwürdige Berg, 
180 m. hoch, mit 20 Proc. Steigung, entstand erst 1538. 
Die Erhebung dauerte länger 
als eine Woche, unter Ausbrüchen 
von Feuer und Auswurf von Asche 
und Bimssteinen; der Umfang des 
Lago d’Averno und des Lago Lucrino 
wurden verringert; seiner Haupt¬ 
masse nach besteht der Berg aus 
weissem, zerreiblichem Bimssteintuff, 
der mit graubraunen, ausgeworfe¬ 
nen Schlacken vermengt ist; der 
Kraterboden liegt ca. 15 m. ü. M., 
der Berg entstand durch Aufschüt¬ 
tung, der gehobene Theil wurde wohl 
in die Luft gesprengt, und die herab¬ 
fallenden Tuff- und Schlackenmassen 
bildeten den Kegel. 
Nördl. führt die Strasse nach Cumä hin, man kommt bei der 
folgenden Strassentheilung 1. zum (1 St.) Arco felice, einem impo¬ 
santen antiken Bogen (19,50 m. hoch, 6,50 m. breit), wahrscheinlich 
für die Wasserleitung nach Cumä und vielleicht zugleich Viadukt. 
Vier Minuten jenseit des Arco zweigt von der Strasse nach Cumä 1. 
ein (nicht fahrbarer) Weg mit antikem Pflaster zu der sogen. Grotta di Pietro 
di Pace (Name eines Spaniers, der hier nach Schätzen grub) ab, ein von 
Agrippa angelegter Tuunel (1 Kil. lang), der zum Averno-See führt. 
Die Strasse jenseit des Arco felice führt 20 Min. diesseit Cumä 
1. weiter; man hat also die Alterthiimer Cumä’sisw aufzusuchen. 
Cuillä (ital. Cuma, griech. Kyme) war die älteste aller griechi¬ 
schen Niederlassungen in Italien, mit der Burg auf einem Trachyt- 
kegel nahe am Meer. 
Lange war sie ein vereinsamter 
Vorposten griechischer Bildung (in 
Kultus, Kunst und Schrift) im ita¬ 
lischen Westen, bis neuer Zuzug 
die kampanische Küste mit einer 
Reihe bald zu mässigem Wohlstand 
aufblühender hellenischen Gemein¬ 
wesen besetzte; mittels der sicili- 
schen Flotte Hierons vermochte es 
sich der Etrusker zu erwehren; 
aber schon 420 v. Chr. unterlag die 
Stadt den Samniten, die griechischen
	        
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