die ich getroffen — bringt eines Tages die Nachricht, daß
von jetzt ab fünf Herren in die evangelische Kirche gehen
. dürfen. Ich setze viel Hoffnung auf die Kirche, kann dort Bal
ten treffen, kurz, vielleicht läßt sich etwas einfädeln.
In der kleinen Kirche ist es wie in Deutschland. Wir sind
andächtig, wirklich andächtig, denn es wird deutsch gesungen,
.deutsch gepredigt, die russischen Wachleute stehen hinten und
stören nicht. Zu sprechen wagen wir mit niemand, weil an
zunehmen ist, daß ein Polizeispitzel den Gottesdienst überwacht.
Ans dem Chor singt eine helle Stimme. Ein Kamerad
gibt mir einen Rippenstoß und weist mit dem Kopf nach hin
ten. Ich schaue hinauf. Eine Dame neigt leicht den Kopf,
kaum merklich. Ich sehe noch mehrere Male hinauf. Immer
wieder das unmerkliche Nicken, eigentlich nur ein Gruß.mit
den Augen. Aha — denke ich — die Anknüpfung.
Beim Hinausgehen steht die Dame am Ausgang. Im Vor
beigehen sage ich zu einem Kameraden: „Ich bin Balte, sind
wie Landsleute ?" Ein Nicken, ein leises: „Ja" war die Anwort.
Die nächste Woche schleicht unendlich langsam, laßt sich mit
allen Vokabeln nicht totbüffeln. Am Monnabend schreibe ich
einen Brief an die Landsmännin, mit der Bitte, beigefügten
Brief abzusenden und sich bei den angegebenen Adressen nach
meinem Vater zu erkundigen, der, wenn er nicht aus Dorpat
verschickt ist, mir am besten helfen könnte. Der Sonntag kommt,
und diesmal sitzen wir dicht beieinander. Ich spreche nicht,
zeige nur meinen Brief. Sie nickt. Beim Hinausgehen kommt
es darauf an, schnell und unbemerkt den Brief in ihre Hand
zu spielen. Schnelligkeit ist alles. Wieder steht sie in der Tür,
einen großen Muff in der Hand. Blitzschnell will ich den Brief
in den Muff schieben, da... meine Hand bleibt in der Luft
stehen. Sie hat den Muff zurückgezogen. Bin ich unvorsichtig
gewesen? Wir müssen vorüber.